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Revolutionäre Jugend |
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Zhang Langlang |
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2 Ich und die Todeszelle |
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Man verfuhr wie folgt: 1. Aufgrund von Hinweisen in Denunziationen oder Informantenberichten wurde zunächst eine Akte über den des Gedankenverbrechens Verdächtigen angelegt; er „kam ins Register “. 1965 bemerkte Yu Qiangsheng, der damals eine Zeitlang beim 1. Büro des Pekinger Amts für öffentliche Sicherheit arbeitete, im Gespräch mit einem Freund von mir: „Zhang Langlang ist schon im Register “ – so wie Mao sagte, jemand sei „in das andere Register “ gekommen. 2. Beamte und Informanten der Polizei sammelten gezielt detaillierte Informationen über das Verhalten des derart „festgelegten “ Objekts. So stand z.B. in meinem Urteil: „Er hat in der Öffentlichkeit reaktionäre Musik abgespielt “. Das bezog sich darauf, dass Freunde und ich beim Rudern auf dem See am Sommerpalast Lieder der Beatles abgespielt hatten. Man sieht, wie detailliert sie unser „reaktionäres Kunstverständnis “ erforscht haben. Vor kurzem erzählte mir eine Bekannte, schon vor der Kulturrevolution habe ihr Vater, Chen Kehan, damals Leiter der Propagandaabteilung im Pekinger Parteikomitee, ihr zur Warnung „internes Material “ zu meinem „kapitalistischen” Denken und Handeln vorgehalten: „Wenn du groß bist, mach ihm so was um Himmels willen nicht nach! “ Dargestellt waren darin auch kleinste Details aus meiner Hochschulzeit, z.B., dass ich eine Badehose an die Wand genagelt hatte. Gleichgültig, wie weit das alles stimmte, es zeigt jedenfalls, dass Informanten, die über alles von den allgemeinen Vorstellungen Abweichende berichteten, bereits damals bis tief in die Hochschule hinein vorgedrungen waren. Die Partei weiß alles. 3. Es werden konkrete Verbrechenshandlungen festgestellt oder produziert, sodann wird festgenommen. Als Frau Jiang Qing Anfang 1968 erklärte: „An der Zentralen Kunsthochschule gibt es schlechte Menschen “, dachte sie mit Sicherheit nicht konkret an mich, ich war jedoch bereits im Register und damit als Objekt „festgelegt “. An allen Kunsterziehungsanstalten wurden damals unter Beteiligung der Pekinger Polizeibehörde blutrünstige informelle Tribunale errichtet, die innerhalb eines halben Jahres in wüsten Prügelorgien Aussagen erfolterten. Diese Aussagen wurden dann gesiebt. Schließlich wurde ich offiziell zum „Top-Konterrevolutionär “ erklärt. 4. Nach der Festnahme des „Verbrechers “ waren der Grad seines reaktionären Denkens und sein gegenwärtiger ideologischer Zustand festzustellen, also seine sogenannte „Haltung “, nämlich seine Haltung zur Führung und zur KP. Beim Urteil über einen Gedankenverbrecher sah man also vor allem auf die Intensität seines Gedankenverbrechens und darauf, ob diese zu ändern war. In der Untersuchungshaftanstalt gab es für Gedankenverbrecher spezielle, erfahrene Ermittler; bei „Verdächtigen “ wie mir waren das Leute mit etwas höherem kulturellen Niveau, die wussten, wie sie mit Gebildeten zu verfahren hatten, von ihnen Aussagen erzwingen oder sie zu Aussagen verleiten konnten. Sie hatten sämtliche „Verbrechenshandlungen “ herauszufinden und zuletzt auch die „Quelle “ und das „ursprüngliche Motiv “ solchen Denkens. Ganz besonders interessierten sie sich dafür, ob es in deiner Familie jemanden gab, der von den zuständigen Stellen „festgesetzt, unter Kontrolle gestellt, getötet “ worden war? Oder ob im Verlauf der zahlreichen politischen Kampagnen jemand in deiner Familie angegriffen oder in eine von einer Kampagne betroffene Angelegenheit verwickelt gewesen war? Wie man sieht, maß die KP damals der psychologischen Vorgeschichte von Gedankenverbrechen große Bedeutung bei. Um die Gründe und Folgen der Entstehung von „Gedankenverbrechern “ zu verstehen, sollten die Ermittler bei einem jedem von uns analysieren, wie er von einem treuen Gefolgsmann der Partei zu einem Gegner der Partei geworden war; so ließ sich der „Grad “ unseres reaktionären Denkens beurteilen, und das konnten sie auch nutzen, um zu verhindern, dass andere ebenfalls den Weg des Gedankenverbrechens gingen, also mit „entschlossenem Kampf gegen das Private “ zukünftigem Unheil vorbeugen, indem sie „die Revolution in die Tiefe der Seele “ trugen. |
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