Reihe Phönixfeder 47
OSTASIEN Verlag
Paperback (21,0 x 21,0 cm), x + 91 Seiten, mit 48 Farb- und 7 SW-Abbildungen
Mai 2021. € 24,80
ISBN-13: 978-3-946114-69-6 (978-3946114697 9783946114697) ISBN-10: 3-946114-69-5 (3946114695)
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Der Japonismus – der Einfluss der Kunst, Mode und Ästhetik Japans auf die westliche Welt – wurde Mitte des 19. Jahrhunderts zu einer Bewegung in Europa und Amerika. Schwedische Künstler kamen mit dem Japonismus zuerst und vor allem in Paris, in der Künstlerkolonie Grez-sur-Loing sowie in London in Berührung. Die vorliegende Monografie über Japonismus im Werk von den drei wohl bekanntesten schwedischen Künstlern Carl Larsson (1853–1919), Bruno Liljefors (1860–1939) und Anders Zorn (1860–1920) betrachtet drei unterschiedliche Rezeptionen.
Nach einem kurzen geschichtlichen Abriss der Beziehungen zwischen Japan und Europa, einer Übersicht über die zeitgenössischen europäischen Vorstellungen von Japan sowie der näheren Charakterisierung des Japonismus wirft Susanne Concha Emmrich einen Blick auf die Orte, an denen westliche Künstler, damals vor allem in Frankreich und Schweden, die Gelegenheit zu einer Begegnung mit japanischer Kunst und Kultur hatten. Sodann erörtert sie Werke der japanischen Kunst, die die drei Maler möglicherweise inspiriert hatten.
Die Untersuchung basiert in erster Linie auf biografischer Literatur sowie Material aus den Nachlässen der Künstler in Archiven in Mora, Sundborn und Uppsala. Abgesehen von der ausdrücklichen Erklärung Carl Larssons, dass Japan seine künstlerische Heimat sei, erwähnt keiner der drei in seinen autobiografischen Aufzeichnungen japanische Inspirationen und Einflüsse. Dennoch malten sie japonistisch bis zum Ende ihres Lebens.
Susanne Concha Emmrich, Philologin, Autorin (Schwed. Schriftstellerverband) und Filmemacherin, hat über Menschen in den historischen Landschaften des Ostseeraums und Griechenlands veröffentlicht. Ihr großes Interesse für interkulturelle Begegnungen nach einem Jahrzehnt der Forschung zur europäischen Aufklärung fand Ausdruck in ihrem Buch Diese pompöse Schule! (2015) über Deutsche in Sankt Petersburg vom 17. bis ins 20. Jh. Unter den Ländern des Fernen Ostens fasziniert sie seit über zwanzig Jahren zunehmend Japan. Sie hat Dokumentarfilme unter anderem über Kaliningrad, den japanischen Diplomaten und Judenretter Chiune Sugihara und über den Japonismus gemacht. Außerdem hat sie Lyrik veröffentlicht, vor allem Haiku, und lebt nach Jahren in Stockholm und dann Königstein im Taunus heute auf der Burg Runkel an der Lahn.
2024 veröffentlichte die Autorin bei edition federleicht in Fuldatal einen Band mit 36 Haiku, illustriert mit Aquarellen der japanischen Künstlerin Noriko Quenot: SECHSUNDDREISSIG ANSICHTEN VON JAPAN 日本三十六景. |
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Vorwort
Der Anlass meiner Forschung zum Japonismus und dem schließlichen Verfassen dieser Arbeit ist vielfältiger Art gewesen.
Zunächst weckte mein erster Aufenthalt in Japan im Frühjahr 2005 in mir Staunen. Staunen über europäische Kunst in Japan – eine große Van-Gogh-Ausstellung im Museum für Moderne Kunst in Tokyo, die zu einem Gesamtkunstwerk gestaltet war und sich größter Beliebtheit erfreute. Vor dem Museum war ein französisches Bistro aufgebaut, auf den Tischen steife weiße Damastdecken, feinstes Porzellangeschirr und schweres Silberbesteck für den ausgiebigen Genuss der dargebotenen französischen cuisine. Woher rührte diese offenkundige Van-Gogh-Begeisterung bei den Japanern?
Ich fragte einen Japaner, was er unter Japonismus verstehe. Seine Antwort kam prompt und verblüffte: „I am Japanese. I am proud to be Japanese.“
Ein Besuch in Nagasaki spannte den großen historischen Bogen: wo alles angefangen hatte, wo Europa an Land gegangen war, wo chinesische und holländische Schiffe nebeneinander lagen, wo die Tür sich öffnete zwischen Europa und Japan.
Jahre später bezauberte mich der Fushimi-Schrein bei Kyoto, als ich ihn bei Dreharbeiten für meinen Dokumentarfilm über den japanischen Judenretter Chiune Sugihara 杉原千畝 (1900–1986) erkundete.
Die rote Farbe – ein Zinnoberrot – der Eingangstore zu einem Shinto-Schrein (torii 鳥居) blieb mir im Gedächtnis und tauchte auf wunderbare Weise wieder auf, als ich die Aquarelle von Carl Larsson näher betrachtete. Hatte er seine rote Farbe, die nach über hundert Jahren heute noch leuchtet, von „den Japanern“. übernommen, sich Pigment in Paris besorgt? Keiner konnte mir die Frage beantworten…
Anlass, sich selbst auf die Suche nach einer Antwort zu begeben. Stipendien ermöglichten mir Forschungen in den Künstlerheimen Zorngården in Mora und Carl Larsson-gården in Sundborn sowie in der ehemaligen Künstlerkolonie Grez-sur-Loing unweit von Paris. Dazu die unerlässliche Arbeit in Archiven und Bibliotheken.
Im Rahmen meiner Forschungsdekade über die europäische Aufklärung an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg habe ich mich früh von interkulturellen Kontakten, Begegnungen und Wechselwirkungen in der neueren Weltgeschichte faszinieren lassen. Mit dem Japonismus und der Begegnung von Japan und Europa tat sich mir im neuen Jahrtausend ein großartiges Forschungsfeld auf, endlich auch über den europäischen und eurozentrischen Horizont hinaus. Ich begrenzte mich auf die schwedischen Maler und Japonisten Carl Larsson, Bruno Liljefors und Anders Zorn, da systematische Studien zu ihnen immer noch fehlen.
Anfang 2019 erlebte ich das Staunen des schwedischen Kunstpublikums während der Vorführung meiner Forschungsergebnisse in Form des Kunstfilms „Japan, meine Heimat“ in der Thielska Galerie in Stockholm. Das Staunen über japonistische Züge im Werk ihrer großen Maler, die sie so noch nicht wahrgenommen hatten.
In Form dieser Monografie möchte ich jenes Staunen noch ausführlicher beantworten, Anregungen zu weiterer Forschung geben und auch neue Kunstfreunde für den Japonismus gewinnen, jenes Interesse des Westens für die Kunst, Mode und Ästhetik Japans seit Mitte des 19. Jahrhunderts, das über die Kunst hinaus viele weitere Bereiche der Gesellschaft erfasste.
Die drei schwedischen Meister sind übrigens in meinem am Ende dieses Buch annoncierten Kunstfilm auch live 1916 zu erleben!
Der Verlag hat die japanischen Zeichen für Personennamen, Titel von Werken und Sachbegriffe eingefügt, um sprachkundigen Leserinnen und Lesern den Zugang zum japanischen Internet zu erleichtern.
Personennamen sind nach japanischem Brauch in der Reihenfolge zuerst Familienname und danach Vorname verzeichnet.
Susanne Concha Emmrich
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