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Revolutionäre Jugend
 
   
1   Vorbemerkung des Übersetzers
 
   

Was tut der Führer nach dem Endsieg?

Mao, unbestrittener Führer der Volksrepublik China seit 1949, entschied: Der Kampf geht weiter. Also überzog er das Land mit immer neuen Kampagnen gegen immer absurdere „Klassenfeinde “. Als sich alte Gefährten über die Folgen entsetzten – Rechtsunsicherheit, Gesinnungsterror, Dutzende Millionen von Hungertoten –, hetzte er revolutionsbegeisterte Jugendliche, vor allem die Kinder der Führungsschicht, eben dieser alten Gefährten, in den Kampf gegen ihre Eltern, gegen alle Autoritäten und gegeneinander: in die Kulturrevolution, die 1966–1976 etwa 20 Millionen Menschen ermordet, 100 Millionen „gesäubert “[1] (entlassen, festgesetzt, in Arbeitslager und Elendsnester verbannt), Verwaltung und Erziehung, Wissenschaft und Kultur des Landes zerschlagen, die jungen Leute selber ins Elend gejagt hat.

Viele davon, aufgewachsen mit Geschichten von revolutionären Heldentaten und dann in diesen Irrsinn getrieben, um spätestens 1976, mit Maos Tod, vor dem Ende aller Träume zu stehen, sind verzweifelt, der Trunksucht, ja dem Wahnsinn verfallen – oder doch einfachheitshalber für wahnsinnig erklärt worden; „Schizophrenie “ scheint zur Volkskrankheit geworden. Andere aber, die sich für gesund halten, verklären oder verdrängen ihre Erinnerungen an die Zeit bis 1976. „Kaut nicht immer auf den alten Rechnungen herum! “, mahnt der Blog eines alten Kämpfers. „Wer die Vergangenheit vergisst, hat sich damit von ihr noch nicht abgewandt “, antwortet ein anderer Blogger (unten IV.2).

„Vergangenheit muß vergehen “, meint auch ein deutscher Historiker; ein deutscher Autor klagt über die „Moralkeule “ Auschwitz und erklärt vornehm philosophisch: „Die Vergangenheit als solche gibt es nicht “. Das stimmt, sie ist nicht vergangen. Weder bei uns, noch in China, Russland, Bosnien, Ruanda…. Millionen Opfer leiden weiter an Albträumen, an „Schizophrenie “. Millionen Gläubige tragen den Wahnsinn stolz weiter im Kopf, gedenken der großen Vergangenheit.[2] Nach Maos Tod wurden fast alle Maobilder abgehängt, jetzt setzt man sie auf die Geldscheine. Hitlerbilder sieht man bei uns zur Zeit nicht in der Öffentlichkeit, doch auch bei uns heißen noch Straßen nach Lenin, dem Mörder der russischen Demokratie und Begründer des Schreckensreiches der Tscheka, der allmächtigen, alles durchdringenden Geheimpolizei. Liebhaber des Völkermords an Muslimen sitzen im serbischen, alte Tschekisten im deutschen und europäischen Parlament und in der Verwaltung Russlands und seiner Nachbarn, organisieren auch heute noch Morde, bis hin nach London und Wien…. So unvorstellbar uns hier und heute die irrsinnigen Reiche der Angst und ihre Führer erscheinen mögen, sie sind nicht vergangen, sie sind nicht einmal fern. Wir dürfen sie nicht vergessen.

Deshalb werden hier Berichte und Gedichte aus der Kulturrevolution übersetzt, Texte ihrer verlorenen Generation; Zhang Langlang, selber 1970 zum Tod verurteilt und wie durch ein Wunder davongekommen, hat sie auf seiner Netzseite zusammengestellt, gequält von dem Gedanken an die Unzähligen, die nicht davongekommen sind oder heute im Schatten der Vergangenheit verzweifeln.

„Was zu verstehen unmöglich ist, muss man doch kennen, denn was geschah, kann wieder geschehen; Gewissen können wieder verführt und verfinstert werden; auch unsere. “ (Primo Levi)[3]

[1]    So die wörtliche Formulierung von Marschall Ye Jianying auf der Arbeitstagung des ZK am 13.12.78: 文革十年, 叶剑英在 1978年 12月 13日 在中共中央工作会议闭幕式上的说法: 文革整了一亿人, 死了二千万人, … Vgl. //club.news.sina.com.cn/thread-10674-10-219.html.
[2]    Zwei Beispiele von nur allzu vielen: //wn.com/Das_III_Reich_%5B Am_Adolf_Hitler_Platz%5D und www.zuoxuan.com/zqwz/gszq/ zq03.asp (知青文章).
[3]    „Se comprendere é impossibile, conoscere é necessario, perché cio che é accaduto può ritornare, le coscienze possono nuovamente essere sedotte ed oscurate, anche le nostre. “ (Se questo é un uomo, 1947, prologo)

 
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