Warten auf das Neujahrslicht: |
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Ursula Lienert (Hg.), Deutsche Ostasienstudien 5 |
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Surimono – das sind Glückwünsche, die zum Jahreswechsel oder zu feierlichen Begebenheiten privat entworfen
und an Freunde verschickt wurden. Der uralte Brauch in West und Ost wurde in Japan im 18. und 19. Jahrhundert zu einer besonderen Kunstform gestaltet.
Holzschnitte wurden verbunden mit Gedichten, die sowohl einen scherzhaften als auch einen ernsteren Charakter haben konnten.
Die Raffinesse der japanischen Holzschnittkunst kommt hier in ganz besonderer Weise zum Ausdruck. In insgesamt drei Bänden wird der Katalog aller bis einschließlich 2006 in den Bestand des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKGH) gekommenen Surimono (173 Blätter und ein Album) vorgelegt. Er führt dem Leser jedes Blatt der Sammlung mit farbigen Abbildungen sowie Übersetzungen und Interpretationen der Gedichte in deutscher und japanischer Sprache vor Augen, erklärt die angewandten Drucktechniken und bettet die Surimono in ihren kulturellen Hintergrund ein. Band 1 ist den Ukiyo-e-Künstern, ihren Luxusdrucken und ihren "Tollgedichten" gewidmet. Band 2 stellt Einzelblätter, meist mit Haikai-Gedichten versehen, von anderen Künstlergruppen vor. Band 3 enthält ein Album mit Blättern von Künstlern aus Ôsaka. Die Anhänge in Band 3 – darunter ein ausführliches Glossar, in dem für das Verständnis der Surimono und ihrer Gedichte wichtige Begriffe, z. B. über Geschichte, Theaterstücke, Pflanzen und Vögel, erläutert werden, Verzeichnisse der Surimono-Künstler und ihrer Siegel, der Dichter sowie der Dichterclubs, in deren Auftrag viele der Surimono entstanden sind, und deren Marken und Embleme – runden die Darstellung ab. |
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Die Bildrechte für die im Katalog sowie auf der Website wiedergegebenen Fotos der Surimono liegen beim Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg. Der Verlag bedankt sich bei der Direktorin, Frau Prof. Dr. Sabine Schulze, für die Erteilung der Abdruckgenehmigung. |
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Inhalt | |||
Band 1 | |||
Einführung | |||
Verzeichnis der Grußblätter von Meistern der Ukiyo-e-Schule | |||
Die Grußblätter von Meistern der Ukiyo-e-Schule | |||
Band 2 | |||
Verzeichnis der Grußblätter von Meistern der Shijô- und anderer Schulen | |||
Die Grußblätter von Meistern der Shijô- und anderer Schulen | |||
Band 3 | |||
Inhalt des Albums mit Surimono von Malern und Dichtern aus Ôsaka | |||
Das Album mit Surimono von Malern und Dichtern aus Ôsaka | |||
Anhang: | |||
1 | Glossar: Erklärung und Interpretation der in den Bildern und Gedichten vorkommenden Motive (von Hannelore Dreves) | ||
2 | Verzeichnis der Surimono-Künstler | ||
3 | Von den Künstlern verwendete Siegel | ||
4 | Dichterverzeichnis (Haikai-, Waka- und Kyôka-Dichter sowie Dichter im chinesischen Stil) | ||
5 | Verzeichnis der Surimono-Dichterzirkel und ihrer Embleme | ||
6 | Geographisches Register (Veraltete oder poetische Namen, die in den Surimono häufig erscheinen) | ||
7 | Kongruenzlisten | ||
8 | Literaturverzeichnis | ||
Pressestimmen | |||
Rezension in Hamburger China-Notizen, NF 636 (16.01.2012) | |||
Zur Surimono-Sammlung des Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKGH) | |||
Die als Surimono, Drucksachen, bezeichneten Grußblätter gelangten schon am Ende des 19. Jahrhunderts in westliche Museen, dennoch sind sie um 1950 ein noch wenig bekanntes Genre des japanischen Holzschnittes, als der amerikanische Architekt Frank Lloyd Wright (1867-1959) die Künstler, die diese Luxusdrucke schufen, als Meisterdrucker in der heutigen Welt bezeichnete. |
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Der Gründer des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg, Justus Brinckmann (1843-1915), erwarb einen Großteil der Surimono des Museums. In den Inventarbüchern sind sie zwar erst ab 1896 verzeichnet, Brinckmann muss jedoch bereits in den 1880er Jahren auf diese kleinen Kostbarkeiten aufmerksam geworden sein. In seinem 1889 in Berlin publizierten Buch Kunst und Kunsthandwerk in Japan würdigt er die zu diesem Zeitpunkt schon zahlreich erworbenen Surimono explizit: Die Herstellung der Surimono habe lange Zeit die tüchtigsten Farbendruckkünstler beschäftigt, von denen manche gerade hierin ihr Bestes geleistet haben. Brinckmann widmet ihnen nahezu vier Seiten, auf denen er auch Blätter der Hamburger Sammlung behandelt. |
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Mit der Aufnahme relativ vieler Neudrucke (zwanzig) im Jahre 1908 endet die Sammlertätigkeit, die erst nach dem 2. Weltkrieg zunächst von Peter Wilhelm Meister, ab 1959 von Rose Hempel wieder aufgenommen wurde, die die Asien-Abteilung bis 1985 leitete. 1982/83 erfuhr die Sammlung durch den Erwerb von 23 Drucken eine beträchtliche Erweiterung um Holzschnittmeister, die vorwiegend in der Region Kansai wirkten und deren Arbeiten ab den 1830er Jahren bis zum Ende der Edo-Zeit 1868 datieren, der Blütezeit der Haikai-Surimono in der Kansai-Region (Ôsaka und Kyôto). Der Museumsbestand wurde im Sommer 2007 um die Werke der Sammlung Gerhard Schacks bereichert, der am 30. März 2007 verstarb und sie zur Freude Hamburgs und seiner Stiftungen dem Museum vermacht hatte. |
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Kunsthistoriker begannen erst im späten 20. Jahrhundert sich mit dem Sujet eingehender zu beschäftigen, unter anderem der Hamburger Kaufmann und Japan-Kenner Dr. Kurt Meissner. So ist die Zahl der publizierten Sammlungen relativ gering. Meist handelt es sich um Grußblätter mit Bildern der Ukiyoe-Meister. Die Schwierigkeiten, die sich bei der Erschließung eines Surimono ergeben, der Interpretation seiner Motive und Gedichte, deren kursive Schrift häufig nicht einfach zu lesen ist, mag ein Grund dafür sein. |
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In Bezug auf die Haikai-Surimono mit Illustrationen anderer Meister der japanischen Malerei des 19. Jahrhundert hat die Forschung vor zwanzig Jahren eingesetzt, nachdem der Katalog Haikai Ichimaizuri des Kakimori Bunko 1991 mit den Erklärungen von Sueo Kira erschienen war. |
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Surimono 摺物, das Wort setzt sich zusammen aus suru – reiben – und mono – Sache oder Ding –, sind in Druckplatten geschnittene und von ihnen abgeriebene Dinge. Hinter dieser kurzen, einfachen und unprätentiösen Bezeichnung verbergen sich Holzschnittdrucke. Jene der Ukiyoe-Meister gelten als Höhepunkt der japanischen Holzschnittkunst. Surimono zeichnen sich durch einen besonders sorgfältigen Druck aus, der hohe Fertigkeiten erfordert. Die Surimono der Ukiyoe-Meister von Edo sind mit allen technischen Finessen ausgeführt, die der japanische Holzschnitt seit der Entwicklung des Vielfarbendruckes nishiki-e 錦絵 im Jahr 1765 bot. |
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Die in kleinen Auflagen von 20 bis 130, bis hin zu 300 Blatt – in der Regel unter Ausschaltung eines Verlegers – hergestellten Surimono waren nicht für den Verkauf bestimmt, sondern wurden allein Bekannten und Freunden überreicht, um ihnen einen Glückwunsch zu übermitteln, besondere Ereignisse anzukündigen oder einfach, um Gedichte zu publizieren, die man im Freundeskreis geschrieben hatte. In den Dichterkreisen von Scherz- und Spottversen, Kyôka 狂歌 ("Tollgedichte"), war es üblich, die Blätter der eigenen Gruppe gegen jene der anderen einzutauschen. Während die Kyôka-Surimono auf Edo konzentriert waren, wurden die Haikai-Surimono über das ganze Land per Eilboten versandt, in der Nachbarschaft allerdings durch Schüler der Dichtkunst ausgetragen. Dem Lebensstil des städtischen Bürgertums der Edo-Zeit (1603-1868) entsprach die Versendung oder der Austausch von Neujahrsglückwünschen in Form von Surimono als Teil eines zeremoniellen Schenkens zu Neujahr. |
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Der in hundert Jahren zusammengetragene Bestand an japanischen Grußblättern des Museums für Kunst und Gewerbe Hamburg umfasst 173 Holzschnitte mit Gedichten von berühmten Meistern der Ukiyoe-Schule wie z.B. Hokusai, Hokkei und Shumman sowie von Illustratoren anderer Stilrichtungen der japanischen Malerei und Kalligraphie des 19. Jahrhunderts, wie z.B. Nanrei, Suigaku, Zeshin und Kôsei. Fürsten, Samurai und Dichter versandten sie zu Neujahr, anlässlich Geburts- oder Todestagen, zu Ehren von berühmten Kabuki-Schauspielern, sowie zur Einweihung ihres Sommersitzes, als Einladung zur Mond- oder Blütenschau. Manche Wirte und Geschäftsleute sandten sie zu Werbezwecken aus (Beispiel: MKGH-Katalog-Nr. 116; siehe weiter unten): |
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Surimono wurden anfangs im Westen nur wegen der Qualität der Farbdrucke gesammelt. Die Gedichte wurden vernachlässigt, bis 1984 als unerheblich betrachtet, obwohl sie das Bild ergänzen. Inzwischen erscheinen Surimono-Publikationen mit textlichen Übertragungen. Die hier vorgelegten Bände bieten nicht nur die Umsetzung der Gedichte in deutscher Sprache, sondern auch die Übertragung der schwer lesbaren japanischen Verse in japanische Druckschrift sowie ihre Transkription in lateinischen Buchstaben. Somit vermitteln die Grußblätter nicht nur ein Verständnis ihres Zusammenklangs aus Bild und Gedicht, sondern auch zum kulturgeschichtlichen Verständnis der Zeit, bevor u.a. die schwarzen Schiffe Captain Perrys den Umbruch des Regimes hervorriefen. |
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Die Surimono in Band 1 mit Farbholzschnitten der Meister des Ukiyoe-Meister sind mit allen Raffinessen des Metiers angefertigte private Luxusdrucke mit Kyôka-Scherzgedichten. Geist und Witz der metropolitanischen Edo (heute Tokio)-Bürger drückte sich in den Kyôka aus, sie waren ein Ventil der gehobenen Klasse, mit dem sie sich unter den gesetzlichen Restriktionen des Shôgunats für den Zeitraum der Kyôka-Mode 1770–1830 Luft verschaffte. Natürlich wurden Kyôka verboten, manche Dichter wurden verurteilt oder aus der Stadt gewiesen und strikte Regeln wurden den Versemachern vorgeschrieben: Erlaubt waren Verherrlichung der Heroen der Geschichte, literarische Themen, Naturszenen und Stillleben mit jahreszeitlichem Bezug. Die Sammlung des Hamburger Museums umfasst all diese Bereiche, sie ist repräsentativ, wenn auch mit 112 Blättern (34 davon Nachdrucke unterschiedlicher Stadien) überschaubar. Farbaufnahmen, auch von Details, zeugen für die Qualität der Luxusdrucke. (Beispiele: Nr. 56 und 69) |
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(56, Detail) |
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(107, Detail) |
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Hier einige Beispiele von Kyôka auf Surimono der Sammlung des MKGH: |
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(Details: Kyôka 20; 62,4; 83,2) |
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(69; Detail: Kyôka 69,3) |
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Die 60 Surimono in Band 2, illustriert von Meistern unterschiedlicher Schulen der japanischen Malerei des 19. Jahrhunderts, bieten einen weiteren Einblick in das Japan des 19. Jahrhunderts: Einerseits sind sie Werke von Dichtern und Kalligraphen, luxuriös gedruckt, in gehobenem Stil verfasst, die mehrfach auf die politische Situation eingehen. Andererseits sind es Verse von Dichterklubs mit zahlreichen Haikai 俳諧 zu den Jahreszeiten. In diesen drückt sich der Humor, die Liebe zu Tier oder Vogel und die Freude am Leben aus, an der Schönheit der Natur, an der Anteilnahme am Nachbarn. (Beispiele: 122.2; Detail aus 161.2) |
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(122.2) |
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(161.2, Detail) |
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Ergreifend in ihrer Schlichtheit sind auch die Totengedenkblätter. Die Surimono sind weniger aufwendig illustriert und gedruckt, aber haben viele Gedichte von Mitgliedern der Dichterzirkel. Die Klubs sind die Auftraggeber, ihre Mitglieder zahlen für ihre Strophe, denn sie wollen dabei sein. (Beispiel: 116) |
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(116) |
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Hier einige Beispiele von Haikai auf Surimono des MKGH, zunächst ein politisches: |
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(123.1) |
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(135) |
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Eine kleine Auswahl aus den insgesamt 359 Haikai von Surimono 135: | |||
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Band 3 enthält ein Album mit Farbholzschnitten unterschiedlicher Schulen, das aus einer Sammlung zusammengestellt ist, mit reizenden Haikai. Darunter findet man Blätter anläßlich der Namensverleihung an einen Musiker, zur Eröffnung einer Sporthalle oder mit der Anzeige einer Theateraufführung, aber auch mit Gedichtsammlungen zur Mondschau (Beispiel: A.12) oder zum japanischen Sommer (Beispiel: A.32). |
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(A.12) |
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Einige der 90 Haikai von Surimono A.12: | |||
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(A.32) |
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Einige der 89 Haikai von Surimono A.32: | |||
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