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Das wirtschaftliche Engagement der Volksrepublik China im portugiesischsprachigen Afrika am Beispiel Angolas und Mosambiks

Tholen, Christiane

Deutsche Ostasienstudien 17
OSTASIEN Verlag
Paperback (23,0 x 15,0 cm). xiv + 452 Seiten, mit 3 SW-Abbildungen und 3 Karten
2013. € 45,90
SBN-13: 978-3-940527-76-9 (978-3940527769, 9783940527769) ISBN-10: 3-940527-76-9 (3940527769)
Vertrieb: CHINA Buchservice / Bestellen

 
   
   

Die Idee, eine Dissertation über die wirtschaftlichen Beziehungen der Volksrepublik China und dem portugiesischsprachigen Afrika zu schreiben, entstand als Folge des regen Echos in den Medien auf den China-Afrika-Gipfel 2006. Dieses Ereignis rückte das Engagement Chinas in Afrika in das Bewusstsein der Weltöffentlichkeit und weckte zugleich erneut die Angst vor der „Gelben Gefahr“.

Im Laufe der Vorarbeiten wurde deutlich, dass der einseitige Blick auf die außenpolitischen und wirtschaftsstrategischen Ziele der VR China der Funktionsweise ihrer Beziehungen zu den portugiesisch-sprachigen Ländern Afrikas nur teilweise gerecht wird.

Ein Rückblick auf die Entwicklung der drei behandelten Staaten (VR China, Angola und Mosambik) seit Mitte der 1970er Jahre offenbarte strukturelle Mängel, die sich als entscheidend für die Art und den Umfang der Wirtschaftskooperation erwiesen, und vermittelte einen Eindruck von den unternehmerischen Netzwerken, die das politische und wirtschaftliche Geschick Chinas, Angolas und Mosambiks seit damals bestimmen.

Im Falle der Volksrepublik handelte es sich um auslandschinesische Akteure insbesondere aus Macau, im Falle Angolas und Mosambiks um Interessengruppen im Umfeld der Polit- und Wirtschaftselite Portugals und seiner ehemaligen Kolonien. Ein wesentliches Ergebnis vorliegender Untersuchung ist die häufig unterschätzte Bedeutung des „Greater China“-Faktors für den Aufstieg und die Internationalisierung der chinesischen Wirtschaft.

Christiane Tholen studierte zwischen 1975 und 1981 Sinologie in München und Hsin-chu, Taiwan. Nach dem Studium arbeitete sie zunächst bei der Deutschen Bank und später im Buchhandel. Derzeit ist sie freie Mitarbeiterin eines Übersetzungsbüros. Ihre Dissertation entstand an der LMU München und wurde betreut von Professor Dr. Roderich Ptak.

 

 

 
   

Inhalt

Danksagung

Vorbemerkung

Abstract


1 Einleitung
 1.1 Chinesisch-Afrikanische Beziehungen im Fokus der Weltöffentlichkeit
 1.2 Forschungsstand und Methodik

2 Schwarzer Kontinent und gelbe Gefahr [ab hier: Feingliederung siehe PDF]

3 China

4 Angola

5 China in Angola

6 Mosambik

7 China in Mosambik

8 Macau

9 Resümee

Anmerkungen

Anhang

Bibliographie

Index

 
   

Vorbemerkung

Die Untersuchungen im Rahmen vorliegender Arbeit wurden durch zwei Faktoren erschwert: zum einen die „Flüchtigkeit der Aktualität“, zum anderen die Fülle des überwiegend aus Zeitungsartikeln und Randnotizen bestehenden Materials. Da sich das globale Unternehmensgefüge im ständigen Wandel befindet, beziehen sich Unternehmensbeteiligungen dementsprechend nur auf den hier behandelten Zeitrahmen. Organisationen und Unternehmen sowie die jeweiligen Abkürzungen sind zur besseren Übersichtlichkeit kursiv geschrieben. Eine Ausnahme bilden Medien- und Zeitungsnamen oder gängige Abkürzungen wie USA, KPCh (Kommunistische Partei Chinas), RMB für Renminbi, etc. Die Seitenzahlen bei PDF-Dateien werden im Allgemeinen nur angegeben, wenn Teile der Datei und nicht der ganze Inhalt in vorliegende Arbeit eingegangen sind, Zitate werden mit der entsprechenden Seitenzahl gekennzeichnet. Personen- Orts- und Unternehmensbezeichnungen werden stets in der Schreibweise des jeweiligen Originals übernommen, auch wenn sie möglicherweise nicht korrekt sind, so dass verschiedene Varianten desselben Namens vorkommen können. Auch die Titel von Artikeln entsprechen in der Schreibweise (Groß- und Kleinschreibung, Zeichensetzung, etc.) der ursprünglichen Vorlage. Bei kantonesischen Bezeichnungen (Personen-, Unternehmens-, Ortsnamen, etc.) wurde, wenn möglich, die Mandarin-Form ergänzt (oder umgekehrt), im Text ansonsten die geläufigste Schreibweise verwendet. Manche Bezeichnungen sind freie Übertragungen des Gehörten, eine korrekte Zuordnung ist dann nicht immer möglich gewesen. Zahlen werden unverändert aus den Originalquellen übernommen, die daraus entstehenden – teilweise beträchtlichen Differenzen – werden in Kauf genommen, da verlässliche Statistiken nicht zur Verfügung stehen und Zahlen im Hinblick auf die Thematik vorliegender Recherche zudem nicht von primärer Bedeutung sind. Um das Textvolumen nicht unnötig zu vergrößern, sind manche, sehr lange Titel in den Anmerkungen verkürzt angegeben und nur in der Bibliographie vollständig zitiert. In der Bibliographie wird bei Internetseiten, wenn möglich, die ursprüngliche Quelle angegeben, auch wenn ein Artikel z.B. in einem Blog veröffentlicht wird. Beispiel: „China in Angola (…)“, veröffentlicht bei Agência Lusa (Datum), gefunden in: Macaulogia.blogspot.com. Mit „Dollar“ ist grundsätzlich der amerikanische Dollar gemeint, der in Hongkong gebräuchliche Dollar wird als „Hongkong-Dollar“ bezeichnet. Um Verwechslungen zu vermeiden, wird in den Anmerkungen auch der Vorname der genannten Autoren in Abkürzung angegeben. Da sowohl in der Volksrepublik als auch in Angola, Mosambik und Portugal häufig staatliche Interessen in den „privaten“ Sektor hineinspielen, wird dem Ausdruck „nicht staatlich“ anstatt „privat“ im Gegensatz zu „staatlich“ der Vorzug gegeben. Als problematisch hat sich die Übersetzung von verschiedenen Positionen der Unternehmensleitung erwiesen, da zum Beispiel das portugiesische Gesellschaftsrecht nicht identisch ist mit dem deutschen, das chinesische wiederum nicht mit dem angolanischen, etc. Für die Position, die der des Vorstandsvorsitzenden einer deutschen Aktiengesellschaft entspricht, wird wahlweise Präsident, CEO, Geschäftsleiter oder einfach Chef verwendet. Mit „China“ ist grundsätzlich die Volksrepublik gemeint. Ist die chinesische Diaspora eingeschlossen, wird dies mit dem Begriff „Greater China“ oder durch die konkrete Herkunft (Taiwan, Thailand, Singapur, etc.) angezeigt. Die Abbildungen stammen aus eigenen Dateien.

 
   

Abstract

The primary objective of this paper is to study the commercial relationship between China and the portuguese-speaking countries in Africa. Angola and Mozambique serve as examples as the volume of their trade make them the most important partners for China in lusophone Africa. The data base for the research has been taken from articles and internet sites in Chinese, Portuguese and English news networks in the years 2007 to 2009. To remain up-todate, later case-related reports up to 2011 are included. The specific section on “China and Angola”, respectively “China and Mozambique”, concentrates on the focal points of Chinese presence (finance, oil, diamonds, forestry, construction, infrastructure, trade, etc.). From the onset of the research it becomes clear that China's presence in portuguesespeaking Africa cannot be evaluated without considering the historical background and the present stage of development in China and in the African countries involved. Therefore, three chapters deal with historical events in China, Angola and Mozambique between 1975 and 2007. Three further chapters are included to evaluate each country’s theme-related individual aspects. The first general chapter on “China in Africa” introduces the present state of China-Africa-Research. The final chapter deals with the Special Administrative Region of Macau. Based on a study published in 2006 by Li Bingkang and Jiang Shixue on the financial future of Macau (serviceproviding-platform as opposed to Las Vegas of East Asia), discussion is provided whether the Macau-Forum (Forum for Economic and Trade Cooperation between China and portuguese-speaking Countries) effectively serves its intended purpose as mediator. In other words, is Macau the central contact point for chinese-“lusophone” commercial cooperativeness or not? It quickly becomes obvious that the casino tycoon Stanley Ho from Macau and his business partners in Portugal are the actual mediators in trade between China and Angola/Mozambique, which leads to the question of the “Greater China” factor in Chinese economic dealings. It can be shown that China's economic impact abroad is significantly supported by overseas Chinese from Hong Kong, Macau, Taiwan, Southeast Asia and the USA and that only a look at the corporate shareholdings of a “Chinese” conglomerate can tell whether one is dealing with a company in the People’s Republic or an overseas Chinese company. Therefore the title of this paper is somewhat misleading as it deals not only with the financial involvement of China in portuguese-speaking Africa but rather with the business objectives of various Chinese syndicates inside and outside the borders of the People's Republic of China.

 
   

1 Einleitung [S. 1-4; PDF, S. 10-13]

1.1 Chinesisch-Afrikanische Beziehungen im Fokus der Weltöffentlichkeit [S. 1-2; PDF, S. 10-11]

2006 ist für China das „Jahr Afrikas“, ein geeigneter Zeitpunkt für die Einberufung des China-Afrika-Gipfels in Beijing im November desselben Jahres. Der Gipfel löst ein breites Echo in den westlichen Medien aus. Von Neokolonialismus, menschenrechtsverachtender Ausbeutung und rücksichtsloser Energiepolitik ist die Rede. China wird zum Prügelknaben der westlichen Presse und zum Sinnbild einer den Status Quo der internationalen Machtverteilung in Frage stellenden Gefahr. Gleichzeitig erwacht weltweites Interesse an einem Kontinent, der über einige Jahre fast vergessen scheint, an dem die Errungenschaften der modernen Technik, insbesondere der für den internationalen Handel unverzichtbar gewordenen Kommunikationstechnologie, fast spurlos vorüber gegangen sind, und der mit Nachrichten über Bürgerkriege, Hungersnöte, kilometerlange Flüchtlingsströme, Korruption und Menschenrechtsverletzungen immer wieder negative Schlagzeilen macht.

Obgleich China schon seit Jahrzehnten intensive und gute Beziehungen zu Afrika pflegt, steht das Thema „China in Afrika“ in den darauf folgenden Monaten im Mittelpunkt des Interesses vor allem politik- und wirtschaftswissenschaftlicher Publikationen, die in China entweder den „imperialistischen Raubritter“ argwöhnen oder aber sich – in Ausnahmefällen – von China ein neues Entwicklungshilfemodell erhoffen. Selten wird Chinas Engagement in Afrika vor dem Hintergrund der seit Jahrzehnten bestehenden, politischen und wirtschaftlichen Konstellation westlicher Dominanz, im Zusammenhang mit Chinas eigenem Entwicklungsstand und/oder in Relation zur Präsenz anderer Schwellenländer in Afrika (allen voran Brasilien und Indien) betrachtet. Ebenso selten sind die Darstellungen, die Afrika nicht als Einheit behandeln, sondern sich mit den Beziehungen einzelner afrikanischer Staaten zu China befassen. Zwar hat sich die mediale Aufregung über die chinesische „Invasion“ auf dem afrikanischen Kontinent inzwischen wieder gelegt, da sich China jedoch inzwischen als „Werkbank der Welt“ und zahlungskräftiges Mitglied der internationalen Gemeinschaft einen unverzichtbaren Platz in der Weltwirtschaft erobert hat, d. h. auch in Zukunft politisch und wirtschaftlich zu Recht mehr Mitspracherecht einfordern wird, und da Afrika dank seiner Rohstoffe und als einer der letzten potenziellen Billiglohn-Standorte zunehmend Ziel ausländischer Direktinvestitionen sein wird, bleibt die Frage nach Chinas wirtschaftlichen, politischen und strategischen Zielen in Afrika weiterhin aktuell.

Seit wann aber ist China in Afrika aktiv? Welche Ziele verfolgt das Land, dessen rasanter wirtschaftlicher Aufstieg bislang noch nicht einmal die eigenen sozialen Widersprüche zu lösen vermag, in Afrika? Was erhofft sich China von seinem Engagement auf einem Kontinent, dessen politische Situation im Westen als verfahren und kaum berechenbar eingeschätzt wird und dessen Volkswirtschaften, von wenigen Ausnahmen abgesehen, zu den rückständigsten der Welt gehören? Welcher Instrumentarien bedient sich China zur Erweiterung seiner Einflusssphäre in Afrika, und was macht die portugiesisch-sprachigen Länder Länder Angola und Mosambik aus chinesischer Sicht attraktiv?[1] Diesen Fragen soll anhand eines knappen Überblicks über die chinesisch-afrikanischen Beziehungen seit 1949, einer Zusammenfassung der Entwicklungen in China seit 1978, einer Darstellung der Ereignisse in Angola und Mosambik seit 1975 sowie einer Zusammenstellung und Analyse der Handelsaktivitäten und Kooperationsformen zwischen China und Angola/Mosambik nachgegangen werden. Die Grundlage bildet eine Datenerhebung zwischen April 2007 und Mai 2009.[2]

Im abschließenden Teil werde ich zunächst der Frage nachgehen, inwieweit der Sonderverwaltungszone Macau als ehemaliger portugiesischer Enklave in diesem Zusammenhang die von B. K. Li und S. X. Jiang unterstellte „Brückenfunktion“ zukommt. Sodann wird überlegt werden, ob es nicht vielmehr Ziel der chinesischen Zentralregierung ist, Macau nach dem Vorbild von Las Vegas zu einem Zentrum für Glücksspiel, Tourismus und Messewesen auszubauen. Und schließlich wird auch angesprochen werden, ob neben den großen staatlichen Konzernen Chinas nicht in erster Linie die chinesische Diaspora, d. h. im Falle des portugiesisch-sprachigen Afrika der Kasinobesitzer und Milliardär Stanley Ho und sein Unternehmen Geocapital, von den staatlichen Vergünstigungen der Volksrepublik für Auslandsinvestoren profitiert, so dass man insofern also auch ihn als den eigentlichen „Sonderbotschafter“ und „Brückenbauer“ Chinas in der Lusophonie anzusehen habe.

Wegen des fortwährenden Wandels, dem China auf seinem Weg von einer Agrargesellschaft zu einem hoch entwickelten Industriestaat unterworfen ist, und im Hinblick auf die Schnelllebigkeit des weltpolitischen und weltwirtschaftlichen Geschehens, das eine Neuordnung des Weltgefüges zugunsten jetziger Schwellenländer, allen voran Chinas, wahrscheinlich macht, handelt es sich bei vorliegender Arbeit allenfalls um eine Momentaufnahme, die mögliche Szenarien, nicht jedoch endgültige Resultate offeriert. Der Handlungsspielraum Chinas in Angola und Mosambik hat sich in den vergangenen drei Jahren kontinuierlich erweitert, vieles spricht dafür, dass die chinesische Präsenz im Ausland nicht nur vom chinesischen Staat, sondern von mittlerweile weltweit operierenden chinesischen Unternehmensnetzwerken, die sich in Bezug auf ihre Herkunft keineswegs auf die Volksrepublik beschränken, bestimmt wird. Insofern könnten weitere Recherchen, z.B. zur Struktur chinesischer Unternehmen in den ehemals britischen Kolonien Afrikas, das hier erarbeitete Bild abrunden.[3]

1.2 Forschungsstand und Methodik [S. 2-4; PDF, S. 11-13]

Wie eingangs erwähnt gibt es, vor allem seit dem 2. China-Afrika-Gipfel im November 2006 in Beijing, eine Fülle von Untersuchungen, die von Afrika als Einheit ausgehend die chinesisch-afrikanischen Beziehungen aus außenpolitischer und geostrategischer, in erster Linie jedoch aus wirtschafts- und energiepolitischer Perspektive beleuchten.  Ausgelöst durch das große Medieninteresse an „China in Afrika“ und das in diesem Zusammenhang eingerichtete  Macau-Forum entstand die Idee, das Thema zur Grundlage einer sinologischen Doktorarbeit zu machen. Die Wahl dieses Themas war nicht unproblematisch, da von Anfang an klar war, dass es sich nicht um eine sinologische Arbeit im herkömmlichen philologischen Sinn handeln würde. Dies eröffnete einerseits die Chance, den politikwissenschaftlichen Ansatz durch sinologische Aspekte (Einbeziehung der jüngsten chinesischen Geschichte, Berücksichtigung historisch gewachsener Strukturen, Verwendung chinesischen Textmaterials, etc.) zu ergänzen, erwies sich andererseits jedoch als ein das ganze Projekt in Frage stellendes Hindernis; denn die Anzahl der wissenschaftlich fundierten Quellen ist gering, zudem fehlen verlässliche Zahlen und Daten von beiden, der chinesischen und der afrikanischen (angolanischen/mosambikanischen) Seite, d. h. ein großer Prozentsatz der Informationen muss der aktuellen Tagespresse entnommen werden. Ein solches Vorgehen ist angesichts der modernen Kommunikationsmöglichkeiten zwar kein Problem, die Validität der Ergebnisse jedoch ist zweifelsohne eingeschränkt. Aus einer Distanz von mehreren 1.000 km ist es nicht möglich, den Wahrheitsgehalt der Informationen von Angonotícias, Lusa, Macauhub (staatlich!), Moçambique para Todos, um nur einige der viel zitierten Internetseiten zu nennen, zu überprüfen. Wegen der fehlenden Pressefreiheit ist die Objektivität der lokalen Medien in Angola und Mosambik grundsätzlich in Frage zu stellen, wie viel „Tatsache“ das „About us“ der Website eines chinesischen Konzerns birgt, ist mit Blick auf die wenig transparente Berichterstattung der Volksrepublik nicht verbindlich zu beantworten. Da Zahlen und „Fakten“ darüber hinaus in vielen Presseberichten und sogar in den wenigen verfügbaren wissenschaftlichen Recherchen voneinander abweichen, hat sich im Laufe dieser Arbeit rasch Ernüchterung eingestellt, denn es wird offensichtlich, dass sowohl, was die Situation in Angola als auch, was die in Mosambik betrifft, nur ein mehrmonatiger Aufenthalt vor Ort, einschließlich der Möglichkeit, notfalls mit dem Geländewagen auch abgelegene Regionen wie Tete (Mosambik) oder Huambo (Angola) erkunden zu können, Gewissheit hinsichtlich der Verlässlichkeit dieser Daten verschaffen kann. Dies ist der Autorin aus privaten Gründen nicht möglich. Insofern kann das Ziel dieser Arbeit allenfalls ein Überblick über und ein Einstieg in einen sich aus vielen Einzelaspekten zusammensetzenden Themenkomplex sein.

Die ursprünglich angestrebte Konzentration auf Berichte der führenden Medien in den jeweiligen Ländern wurde wegen der Einseitigkeit des Informationsgehalts rasch verworfen. Ein wesentlicher Teil der Untersuchung basiert deshalb auf einer nach Stichwort, in seltenen Fällen auch nach Autor, Schlagwort oder Publikationsname vorgenommenen Suche nach themenrelevanten Online-Artikeln der portugiesisch-, englisch- und chinesisch-sprachigen Tagespresse im Zeitraum zwischen Frühjahr 2007 und Frühjahr 2009. Dabei haben sich zwangsläufig immer wieder neue „Spuren“ ergeben, denen – sofern es im Rahmen des gestellten Themas sinnvoll erschien – nachgegangen wurde. Wann immer Zweifel bezüglich der Glaubwürdigkeit einer Internetquelle aufgetreten sind, wurde eine Verifizierung durch seriösere Seiten angestrebt oder der Konjunktiv verwendet, um die Fragwürdigkeit der jeweiligen Information kenntlich zu machen.

Wissenschaftliche Publikationen stehen – wenngleich in begrenzter Anzahl – zur Geschichte und Zeitgeschichte Angolas und Mosambiks zur Verfügung. Hilfreich sind in diesem Zusammenhang die Veröffentlichungen von T. Hodges (Angola) und J. Hanlon (Mosambik). Regelmäßig und intensiv berichtet das Centre for Chinese Studies der Universität Stellenbosch in Johannesburg in dem von ihm herausgegebenen, monatlich erscheinenden China Monitor über die verschiedenen Aspekte chinesischer Aktivität vor allem in Subsahara-Afrika einschließlich Angola und Mosambik. Gleiches gilt für die Online-Publikationen Africa21, Macauhub und Pambazuka News, die portugiesisch-sprachigen Blogs Macaulogia (inzwischen eingestellt), Mercosul & CPLP, Moçambique para Todos und Página Um sowie die ebenfalls Online erscheinenden Informationen des Macao Trade and Investment Institute (IPIM) (staatlich!). Im Zusammenhang mit Chinas Engagement in den ehemaligen portugiesischen Kolonien Afrikas einschließlich der Kapverden und Guinea Bissaus gelten L. Horta und A. Vines als ausgewiesene Experten. Die Magisterarbeiten von D. Alvarenga und M. Rosinha sowie der im Juni 2008 in der portugiesisch-sprachigen Revista Militar erschienene Beitrag „A China em Africa e o Caso da Cooperação Sino-Moçambicana (Parte II)“ von M. A. Garrinhas Carriço widmen sich der chinesischen Präsenz in Mosambik, die jüngst erschienene Dissertation von H. A. Pires Miranda Morais sowie die ebenso aktuelle Magisterarbeit von L. R. Hollenweger dem Thema „China in Angola“, sie alle greifen jedoch vielfach auf dasselbe, bereits bekannte Material zurück. Die geplante Dissertation von L. Corkin (School of Oriental and African Studies, University of London) mit dem Titel „Uncovering Agency: China’s Role as a Financier in Angola’s Reconstruction Programme“, steht kurz vor ihrer Veröffentlichung. Es sind L. Corkins Beiträge im China Monitor bzw. in Pambazuka, die u.a. zur Struktur chinesischer Finanzierungsmodelle in Angola, aber auch im Hinblick auf die Entwicklung des Macau-Forums wertvolle Informationen liefern. Die in vorliegender Arbeit zu Rate gezogenen chinesischen Quellen, die sich mit den Beziehungen der Volksrepublik zu Angola und Mosambik befassen, beschränken sich auf eine Reihe von Online-Ausgaben der offiziellen Nachrichtenagentur Xinhua, der Renmin ribao, die Veröffentlichungen der Afrika-Abteilung im chinesischen Handelsministerium und andere Presseberichte. Einen weiteren Einblick in die vorhandene Literatur vermitteln die jedem Kapitel nachgestellten Stellungnahmen einzelner Autoren, die zudem die vorgestellten Fakten um das eine oder andere Detail ergänzen, zur Aktualisierung beitragen und einen Überblick in die bisherigen Resultate der China-Afrika-Forschung gewähren.

 
   

9 Resümee [S. 251-261; PDF, S. 14-24]

Dies alles erinnert an alte Zeiten, etwa an die Ming- und Qing-Dynastien, während der es gleichfalls Unternehmer gab, die, gestützt auf komplizierte Netze persönlicher Kontakte, private Handelsimperien aufbauten und dabei oft so wichtig wurden, dass sie in vielen Orten Entscheidungen jeglicher Art maßgeblich steuern konnten. Gelegentlich stellten sich diese Entrepreneure gegen die Zentralregierung, also den Kaiserhof, und häufig wurden sie auch im Ausland tätig, obschon Gesetze und Vorschriften, die der Hof erlassen hatte, dem entgegenstanden.[4]

9.1 China und Afrika

Die Themenstellung verweist zunächst auf eine Variation des Themas „China in Afrika“, das vor allem 2006, vor und nach dem China-Afrika-Gipfel vielfach diskutiert wird. Eine erste Durchsicht des Materials zeigt, dass es den meisten Autoren um die politische, wirtschaftliche und militärische Dimension der chinesischen Präsenz in Afrika geht, ferner werden die Schwerpunkte chinesischer Intervention (auflagenfreie, günstige finanzielle Hilfe, Erschließung von Rohstoffen, Erstellung von Infrastruktur, Export von Billigprodukten und Transfer von Arbeitskraft) beschrieben. Das sich hierdurch ergebende Bild der Rohstoffausbeutung einerseits und der finanziellen und infrastrukturellen Hilfe andererseits führt zu einer polarisierenden Gegenüberstellung einer neuen Variante des Kolonialismus und eines positiven Entwicklungsmodells chinesischer Prägung, sie bildet den Ausgangspunkt für die nachfolgenden Untersuchungen zum chinesischen Engagement in Angola und Mosambik.

9.2 China

China gilt heute als Schwellenland, beginnt seinen wirtschaftlichen Aufstieg jedoch 1978 nach zwanzig Jahren politischer und wirtschaftlicher Isolation nahezu bei Punkt Null. Es stellt sich daher zunächst die Frage, in welchem Stadium ihrer wirtschaftlichen Entwicklung sich die Volksrepublik befindet, und von welchen innenpolitischen und entwicklungsspezifischen Voraussetzungen bei der Betrachtung der chinesischen Präsenz in Afrika auszugehen ist. Die Einbeziehung historischer Zusammenhänge erweist sich auch in den sich anschließenden Kapiteln als nützlich und trägt entscheidend zum Resultat vorliegender Recherche bei. China ist dank der schrittweisen Liberalisierung des landwirtschaftlichen und industriellen Sektors und dank der Einrichtung der Sonderwirtschaftszonen zwar wirtschaftlich sehr erfolgreich, Zahlen und Statistiken täuschen jedoch über entscheidende strukturelle Mängel hinweg, die sich auch auf die Afrika-Politik des Landes auswirken. Hierzu gehören eine rückständige Gesundheits- und Bildungssituation, die alle Schichten der Bevölkerung durchdringende Korruption, ein wachsendes soziales Gefälle und ein fehlender Privatsektor. Die Vernachlässigung des Bildungssektors beispielsweise ist eine der Ursachen für die Vielzahl unqualifizierter Arbeiter (meist vom Land), die die Zentralregierung beschäftigen muss, um sozialen Unruhen vorzubeugen. Als Teillösung bietet sich der Export billiger Arbeitskraft zum Einsatz an chinesische Baustellen in aller Welt, auch in Afrika an. Die Finanzierung des Transfers übernimmt die China ExIm-Bank. Li Ruogu, der Chef der Bank, bezieht sich in seiner Begründung auf die fortschreitende Urbanisierung, die, wie die Entwicklung von Chongqing zeige, rasches Handeln erfordere. So erklärt er gegenüber der chinesischen Tageszeitung Renmin ribao:

With the establishment of the rapid urbanization project, several million farmers will have to move.[5]

Auch das Fehlen des Privatsektors spiegelt sich in der Art und Weise chinesischer Unternehmenseinsätze in Afrika wider. Da es ohne Beziehungen zur zentralen oder lokalen Administration bis heute nicht möglich ist, bei den staatlichen Banken eine Finanzierung für Investitionen im In- und Ausland zu erhalten (die illegale Variante ist teuer), dominieren von volksrepublikanischer Seite auch in Angola und Mosambik die großen staatlichen Konzerne. Bei den „privaten“ Unternehmen handelt es sich entweder um halbstaatliche Unternehmen (staatliche Behörde/staatlicher Funktionär der Volksrepublik in Kooperation mit einem auslandschinesischen Partner), um ursprünglich staatliche Unternehmen mit Registrierung in Hongkong oder Macau oder um private chinesische Unternehmen der Diaspora (Hongkong, Macau, Taiwan oder Singapur). Private chinesische Unternehmen der Diaspora sind es auch, die maßgeblich zum raschen Wirtschaftswachstum der Volksrepublik seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik 1978 beitragen. Zwar gilt Hongkong statistisch als größter Auslandsinvestor in der Volksrepublik, eine entscheidende Rolle für die wirtschaftliche Entwicklung Chinas spielen jedoch ferner Unternehmen aus Singapur und vor allem aus Taiwan, wenngleich zunächst auf dem Umweg über Hongkong oder Macau. Es zeigt sich, dass diesem Umstand auch bei der Beurteilung des wirtschaftlichen Auftritts der Volksrepublik in Angola und Mosambik (im Ausland) Rechnung getragen werden muss.

9.3 Angola

Angola ist eines der ärmsten Länder der Welt, ein Großteil der Bevölkerung lebt am Rande des Existenzminimums, es gibt hier buchstäblich nichts zu holen – außer Erdöl und Diamanten. Dementsprechend macht Erdöl auch den Hauptanteil angolanischer Exporte nach China aus. Zwar haben sich multinationale Konzerne wie Chevron, Exxon Mobile, Total, etc. schon in den 1980er und 90er Jahren auf dem angolanischen Erdölmarkt etabliert, China kann jedoch über Stanley Ho auf „koloniale“ Verbindungen zurückgreifen, die zwar den Umweg über Portugal notwendig machen, sich aber dennoch sowohl im Erdölsektor als auch im Bankensektor rentieren. Über die Beteiligung seiner Investmentgesellschaft Geocapital an der Banco Privado Atlântico ist Stanley Ho an der staatlichen angolanischen Erdölgesellschaft Sonangol beteiligt, über Geocapital und verschiedene Unternehmensanteile in Portugal verschafft er sich eine dominierende Position im Bankensektor aller portugiesisch-sprachigen Länder Afrikas. Ob und in welchem Umfang seine Beziehungen zum chinesischen Staat die Entstehung der angolanisch-chinesischen Joint Ventures Sonangol Sinopec International (SSI), China Sonangol International Holding (beide mit Sitz in Hongkong) und China International Fund beeinflussen, bleibt vorerst offen, ebenso die Frage nach einer Verbindung zwischen Geocapital (Macau) und Geocapital Partners (USA). Sicher dagegen scheint, dass Geocapital die Finanzierung von Projekten im Biodieselsektor übernimmt, bei denen es sich sowohl um die Anlage von Jatropha-Plantagen (Mosambik) als auch die von Sojabohnenfeldern (Angola und Mosambik) und Eukalyptus- oder Bambuswäldern (Mosambik) einschließlich der notwendigen Infrastruktur (Straßen, Raffinerien, etc.) handeln könnte.

Die von der nationalen angolanischen Agentur für Investitionsförderung (ANIP) genehmigten Projekte bestätigen den in Kapitel 3 formulierten Eindruck über die Schwerpunkte chinesischer Präsenz in Afrika. Zwischen 2005 und 2007 entfallen 51 Prozent der von chinesischen Unternehmen in Angola durchgeführten Vorhaben auf den Infrastruktur- und Bausektor, 29 Prozent auf den industriellen Sektor und nur 1,6 Prozent auf den Handel. Die Bauindustrie der Volksrepublik gilt seit einigen Jahren international als sehr erfolgreich. Allerdings wirft die Dimension einiger chinesischer Immobilienprojekte im In- und Ausland Fragen nach ihrem Nutzen und Zweck auf. In Angola sind in diesem Zusammenhang Großprojekte wie Kilamba Kiaxi und die in der Diamantenprovinz Lunda Nord an der Grenze zur Demokratischen Republik Kongo entstehende „Mega-City“ Dundo (Bauträger: Pan-China Construction Ltd.)zu nennen.[6] Die Tatsache, dass zahlreiche der von chinesischer Seite begonnenen Bauprojekte nicht fertig gestellt werden, spricht dafür, dass es sich ähnlich wie in der Volksrepublik zumindest zum Teil um spekulative Investitionen handelt, deren eigentlicher Zweck die Verbesserung der Auftragslage chinesisch-auslandschinesischer Baukonzerne und der Abbau überschüssiger Baumaterialen ist. Aktuelle Zahlen zeigen, dass Produkte, die im Zusammenhang mit dem Bausektor stehen (Baumaterialien, Baumaschinen, etc.), 45 Prozent der gesamten chinesischen Exporte nach Angola ausmachen, obwohl der Import aus Südafrika deutlich kostengünstiger wäre. In der Volksrepublik ist es auch bei Baustoffen wie z.B. Zement in den letzten Jahren aufgrund von Überproduktion zum Preisverfall gekommen. Chinesische Unternehmen mit Aufträgen in Angola erhalten daher das von ihnen benötigte Material im eigenen Land zu Preisen, die trotz der hohen Transportkosten niedriger liegen als auf dem südafrikanischen Markt.[7] Hauptträger chinesischer Bau- und Infrastrukturvorhaben in Angola und Mosambik sind große staatliche (oder halbstaatliche) Konzerne wie CITIC, CHICO und Huaan SOGECOA.

Die Jett8 Airline fliegt mehrmals in der Woche von Macau nach Luanda und liefert „tonnenweise“ chinesische Waren nach Angola. Um welche Art von Waren es sich handelt, wird nicht konkretisiert. Vielleicht sind es Billigprodukte, vielleicht Baumaterialien, auf jeden Fall jedoch Waren, die weder in China noch auf anderen Auslandsmärkten – zumindest nicht direkt – abzusetzen sind. Die oben beschriebene „massenweise und kostenlose Verfrachtung“ landwirtschaftlicher Geräte, aber auch Berichte, wie z.B. der der Universität Stellenbosch (2010), wonach die chinesischen Importe eine Überlastung des Hafens von Luanda verursachen (der Hafen verfügt über eine Verladekapazität von 1500 Tonnen Fracht pro Tag, die meisten chinesischen Frachter haben das Zwanzigfache geladen), erhärten den Verdacht, dass China Angola als Zwischen- oder Endlager für überschüssige Produkte nutzt.[8] Ähnlich verhält es sich in Mosambik. In beiden Ländern wird darüber geklagt, dass der Markt mit chinesischen Produkten gesättigt sei. Wieviel der nach Angola und Mosambik exportierten Waren vor Ort verkauft und wieviel in die SADC-Mitgliedsländer, andere afrikanische Staaten, die USA oder die EU weiter geliefert werden, ist unklar.

Einen nicht zu unterschätzenden Einfluss auf die Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und Afrika (Angola, Mosambik, Tansania, Äquatorial Guinea, Demokratische Republik Kongo, Simbabwe) besitzt der China International Fund (CIF), dessen Hauptsitz sich in Hongkong befindet, der eine weitere Niederlassung in Singapur unterhält (China International Fund Singapore Pte.), und der Angola umfangreiche Darlehen gewährt. Unklar bleibt zum Beispiel, wer die Kapitalgeber des Fonds sind und welchen Status die beteiligten Personen haben (staatlich, geheimdienstlich, militärisch, privat). Indirekte Hinweise gibt es für alle genannten Varianten, nicht jedoch glaubhafte Beweise. Die Zentralregierung distanziert sich zwar von dem Fonds, Querverbindungen führen jedoch zur wirtschaftlichen und politischen Elite Angolas, Mosambiks, Portugals und über CITIC schließlich auch zu staatlichen Kreisen der Volksrepublik. Dies wird in einer Reportage von Studenten des Fachbereichs Journalismus an der Columbia University (New York) bestätigt. Kontakte zur chinesischen Diaspora ergeben sich über verschiedene Kanäle in Hongkong (Konzern Li & Fung), Taiwan (China Everbright) und Singapur (Baukonzern OKP Holdings). Ein Vermerk auf der Website der Rechtsanwaltskanzlei Li & Partners lässt sowohl auf die Beteiligung der Shun Tak Holdings von Stanley Ho als auch auf eine Kooperation mit weiteren taiwanesischen Akteuren schließen. Hier heißt es, die China Sonangol International Holding Limited, das chinesisch-angolanische Joint Venture im Umfeld des CIF, investiere in den Immobiliensektor Sanyas (150 Millionen Dollar), der Provinzhauptstadt Hainans. In Hainan entstehe (mit portugiesischer Beteiligung) ein „portugiesisches Dorf“ (aldeia portuguesa) bzw. ein „zweites Taiwan“. 2002 befinden sich auf der Insel mehr als 1200 taiwanesische Betriebe, die Gesamtinvestitionen taiwanesischer Unternehmer belaufen sich auf rund 1,3 Milliarden Dollar. Hainan Airways wiederum organisiert direkte Fracht- und Personenflüge von Hainan nach Luanda, die aller Wahrscheinlichkeit nach nicht nur von Auftraggebern aus der Volksrepublik in Anspruch genommen werden. Daraus ergibt sich erneut das CIF-typische Dreieck China-Diaspora-Portugal (plus Investitionszielländer) bzw. die Interaktion mit „Greater China“. Dass in Angola der Französisch-Brasilianer Pierre Falcone im Zusammenhang mit dem CIF genannt wird, macht den Fonds nicht vertrauenswürdiger, denn abgesehen von seiner Beteiligung am Angolagate-Skandal (Waffenschieberei), bei dem er sowohl von der angolanischen als auch von der chinesischen Führung protegiert wird, wirft man ihm bzw. seinem Unternehmen Brenco Group (bis 2002 mit Sitz in Hong Kong)Wahlkampfmanipulation bei der amerikanischen Präsidentschaftswahl zugunsten von George Bush, jr. vor, die Nähe zum chinesischen Staat demonstriert Pierre Falcone in Algerien. Hier kooperiert er mit einer Tochtergesellschaft von CITIC. Die Illegalität im Umfeld des China International Fund nicht nur in Angola, sondern auch in anderen rohstoffreichen afrikanischen Ländern wie der Demokratischen Republik Kongo, Simbabwe und Äquatorial-Guineawirft ein außerordentlich negatives Licht auf die Umgangsformen in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und Angola. Die asymmetrisch verlaufende Entwicklung beider Länder ist Bestätigung für den hier gewonnenen Eindruck, dass die gemeinsam in Angriff genommenen Projekte keine wirtschaftspolitische Dimension im herkömmlichen Sinn besitzen, sondern ausschließlich der Bereicherung einzelner Personen und Netzwerke in Asien, Afrika und Europa dienen.[9]

9.4 Mosambik

Abgesehen vom Infrastruktur- und vom Bausektor werden chinesische Investoren in Mosambik am häufigsten im Zusammenhang mit dem Holzsektor genannt. Für ihre industrielle Produktion benötigt die Volksrepublik jährlich durchschnittlich 60 Millionen Kubikmeter Holz, im eigenen Land jedoch schwinden die Waldflächen, die eigenen Holzvorkommen decken die kontinuierlich wachsende Nachfrage schon lange nicht mehr.[10] Kaum industrialisierte Länder wie Angola und Mosambik gewinnen als Holzlieferanten für China daher zunehmend an Bedeutung. Auch in diesem Sektor kommt es zu chinesisch-auslandschinesischen Kooperationen: Eine Partei (Diaspora) übernimmt den Holzeinschlag, die andere (Volksrepublik) den Transport. Eine Partei (Volksrepublik) sorgt für den arbeitsintensiven Teil der Holzverarbeitung, die andere (Diaspora) für den kapitalintensiven. Da die Firmenbezeichnung im Allgemeinen nicht ausreicht, um die hybride Form der zahlreichen neu gebildeten, halb staatlichen (Anteil der Volksrepublik), halb privaten Unternehmen (Anteil der auslandschinesischen Investoren) zu erkennen, und da viele „chinesische“ Unternehmen auf Angaben über ihre Beteiligungsstruktur verzichten, erweist sich die Unterscheidung zwischen chinesischen (Volksrepublik) und chinesischen (Diaspora) Unternehmen als äußerst schwierig. Auf die Problematik der wahlweisen Verwendung hochchinesischer und nicht hochchinesischer (Guangdong, Fujian, etc.) Personen-und Firmenbezeichnungen ist bereits hingewiesen worden. Eindeutig Singapur zuzuordnen ist das ursprünglich indische, im Agrarsektor Mosambiks prominente Unternehmen Olam bzw. Olam Mozambique, dem die mosambikanische Regierung u.a. in der Nähe der Hafenstadt Beira für zwanzig Jahre eine vorerst von 60.000 Bauern bewirtschaftete Fläche von 850.000 Hektar Land verpachtet hat.[11]

In den dieser Recherche zugrunde liegenden Stellungnahmen gibt es immer wieder Hinweise darauf, dass eine Vielzahl chinesischer Arbeiter an Baustellen (Infrastruktur oder Bausektor) in Angola und in Mosambik beschäftigt wird. Im Falle Mosambiks berichtet L. Horta von der Ansiedlung chinesischer Bauern im Sambesi-Tal, eine Behauptung, die allerdings an keiner anderen Stelle Bestätigung findet. Mit Blick auf die in China vorherrschenden rückständigen Anbaumethoden ist eine Umsiedelung der von ihm beschriebenen Größenordnung ohnehin allenfalls zur Entlastung des Arbeitsmarktes in der Volksrepublik sinnvoll. Auch in diesem Zusammenhang ist ein chinesisch-auslandschinesisches Zusammengehen zur Behebung eines festlandchinesischen Problems und im Sinne der wechselseitigen Gewinnmaximierung vorstellbar. Arme chinesische Landbewohner bzw. Wanderarbeiter, die nur noch teilweise bei den heimischen Infrastruktur-und Bauprojekten beschäftigt werden können, erhalten – wie oben bereits beschrieben – die Möglichkeit, nach Afrika überzusiedeln, um dort zu leben und sowohl für chinesische als auch für auslandschinesische Unternehmen zu arbeiten. Diese Vermutung wird durch einen Bericht der britischen Tageszeitung The Independent über die „Baoding-Dörfer“ bzw. über eine Vielzahl aus der Provinz Hebei stammender und in Afrika arbeitender Bauern untermauert.[12] Dass es sich bei den „chinesischen“ Baustellen, Infrastrukturmaßnahmen, landwirtschaftlichen Vorhaben, Minenprojekten, etc. nicht zwangsläufig um Projekte unter der Federführung festlandchinesischer Konzerne handeln muss, belegen auch die Zahlen eines Berichts der Vereinten Nationen von 2007. Danach ist Singapur in Afrika größter asiatischer Auslandsinvestor (3,5 Milliarden Dollar in den Jahren 1996 bis 2004), zwischen 1999 und 2009 steigt das Handelsvolumen zwischen Singapur und den afrikanischen Ländern um durchschnittliche 12,9 Prozent. Rund 40 Konzerne aus Singapur sind in Afrika aktiv, ihr Operationsspektrum reicht von Landwirtschaft (auch zur Herstellung von Biodiesel), Infrastruktur und Städtebau bis Transport und Logistik. Der Stadtstaat hat eine Singapore-Africa Business Group ins Leben gerufen, in der Volksrepublik wiederum sind verschiedene chinesisch-singapurische Wirtschaftsverbände entstanden, darunter der für vorliegende Untersuchung relevante Singapore-Liaoning Economic & Trade Council.[13] Die hohe Dichte taiwanesischer Unternehmen in Hebei und singapurischer Betriebe in Liaoning berechtigt zu der Annahme, dass es sich bei den „Baoding-Dörfern“ um chinesisch-taiwanesische, bei den von den Provinzbehörden Liaonings in Mosambik initiierten Projekten dagegen um chinesisch-singapurische Kooperationen handelt. Bemerkenswerterweise sind Baoding (Hebei) und Huludao (Liaoning) auch schon zu republikanischer Zeit (1930er Jahre) industrielle Zentren der damaligen GMD-Regierung, die Ursprünge des im Zusammenhang mit Mosambik genannten, international operierenden Konzerns Seven Star (Huludao, Taibei, New York, etc.) gehen möglicherweise auf das von Song Ailing und Song Ziliang (Geschwister Song Meilings, der Frau Chiang Kai-sheks) in den 1930er Jahren gegründete Unternehmen gleichen Namens zurück. Welcher chinesische und/oder auslandschinesische Investor in welchen Sektor investiert, richtet sich zum einen nach dem jeweiligen komparativen Wettbewerbsvorteil, zum anderen nach den historisch bedingten Verbindungen zur internationalen Wirtschaft bzw. Hochfinanz. Ein Beispiel hierfür sind die Transaktionen im Vorfeld des Einstiegs der chinesischen ICBC bei der südafrikanischen Standard Bank bzw. die gelungene Zusammenarbeit von Stanley Ho (Macau/Portugal) und der Temasek Holding (Singapur/England), die nur einer von mehreren staatlichen asiatischen Fonds mit wachsendem Einfluss in internationalen Finanzhäusern ist. Weitere Untersuchungen vor allem im anglophonen Afrika wären in diesem Zusammenhang von großem Interesse.[14]

Geht man von einem konzertierten Vorgehen der Volksrepublik und der chinesischen Diaspora aus, liefert „Greater China“ in Angola und Mosambik also meist ein vollständiges Konzept, das Dienstleistungen im Finanzsektor, Bauwesen, Handel und auf dem Arbeitsmarkt einschließt. Auslandschinesische Unternehmen sorgen für den Zugang zum Finanzsektor, große staatliche chinesische Konzerne wie Huaan in Mosambik oder Sinohydro in Angola für die Organisation des festlandchinesischen Auftritts (Planung, Material, Lieferanten, Arbeitskraft, etc.). Institutionen wie die Gesellschaft zur Förderung der friedlichen (Wieder)Vereinigung Chinas wiederum erfüllen paradiplomatische Funktionen, dabei sind Verbindungen zum chinesischen Militär und/oder Geheimdienst denkbar.[15] Die Angolagate-Affäre in Angola zeigt, dass illegale Kooperationen großer Konzerne mit führenden (amtierenden) Politikern, ihren Familien, dem Geheimdienst und dem Militär keineswegs eine chinesische Erfindung sind, die Verquickung der amerikanischen Unternehmensgruppe Carlyle und des CIA mit der Familie Bush lässt erhebliche Zweifel über die häufig gepriesenen uneigennützigen Ziele der USA in Afrika aufkommen. Versteht man Neokolonialismus als Nachahmung historischer Vorbilder, dann ist der Vorwurf, die Volksrepublik trete in Afrika als neue Kolonialmacht auf, in jeder Beziehung berechtigt.

Beispielhaft für die vermittelnde Rolle, die den Unternehmern der chinesischen Diaspora bei der Internationalisierung von Banken und Unternehmen der Volksrepublik zukommt, steht im Falle der portugiesisch-sprachigen Länder Stanley Ho. Er wird frühzeitig in den Integrationsprozess „Greater Chinas“ einbezogen. Dafür sorgen sowohl die chinesische als auch die portugiesische Seite. 1975 schließt er mit der damals noch portugiesischen Administration einen auf zehn Jahre befristeten Vertrag, in dem er sich zu jährlichen Steuerzahlungen in Höhe von 30 Millionen Pataca, dem Dreifachen des vorangegangenen Betrages verpflichtet. Gleichzeitig erhöht er seine Investitionen in Portugal und erwirbt Beteiligungen am portugiesischen Seefrachtsektor (Portline), an der portugiesischen Unterhaltungsindustrie (Estoril Sol) und am portugiesischen Immobiliensektor. Die portugiesische Seite wiederum ergreift in den 1980er Jahren erste Initiativen zur Intensivierung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und den portugiesisch-sprachigen Ländern.[16] 1992 tritt Stanley Ho im Zusammenhang mit der Privatisierung des staatlichen portugiesischen Erdölkonzerns Petrogal erstmals in Angola in Erscheinung. Er ist einer der Aktionäre von Finpetro, einem Konsortium, das sich 52 Prozent an Petrogal sichert.[17] Aber auch von chinesischer Seite wird Stanley Ho hofiert. Am chinesischen Neujahrstag 1982 gehört er zu den Unternehmern Hongkongs und Macaus, die in Beijing in der Großen Halle des Volkes von Deng Xiaoping empfangen werden. Deng garantiert ihm Kontinuität im Glücksspielsektor Macaus auch über 1999 hinaus. Ein entsprechendes Gesetz wird wenig später, im Mai 1982 verabschiedet. Im Gegenzug investiert Stanley Ho hohe Summen in verschiedene Projekte auf dem Festland, darunter in Shanghai, dessen Entwicklung in den 1990er Jahren unter Jiang Zemin besondere Priorität eingeräumt wird.[18] Seit der Einrichtung des Macau-Forums intensiviert Stanley Ho über seine Investmentgesellschaft Geocapital sein finanzielles Engagement nicht nur in Angola und Mosambik, sondern in allen portugiesisch-sprachigen Ländern. Über die verschiedenen Joint Ventures, die Geocapital mit führenden angolanischen und mosambikanischen Banken und Unternehmen bildet, wird der nächste Schritt, der Einstieg von Banken und Unternehmen aus der Volksrepublik und/oder aus der chinesischen Diaspora vorbereitet. Dass die Interessen Stanley Hos dabei nicht zu kurz kommen, beweist u.a. die Kooperation mit Isabel dos Santos im Kasino-und Hotelsektor Luandas. Von portugiesischer Seite profitieren die vier großen Banken Caixa Geral de Depósitos, Millennium (BCP), Banco Espírito Santo und BPI. Es dürfte kein Zufall sein, dass nahezu alle der im Umfeld der Investitionen Stanley Hos und Geocapitals in Portugal, Angola und Mosambik auftretenden Personen in den 1980er Jahren Mitglieder der portugiesischen Administration Macaus sind, und dass einige von ihnen Beteiligungen an einem oder mehreren der Gesellschaften Stanley Hos besitzen. In einem portugiesischen Blog werden diese im Umfeld Stanley Hos und der Sozialistischen Partei Portugals stehenden Personen dementsprechend als „Grupo de Macau“ bezeichnet.[19]

Ob Geocapital nur die Finanzierung von Biodieselprojekten übernimmt oder auch für ihre Umsetzung (Landpachten, Jatropha-Anbau, Raffinerien) sorgt, bleibt unklar. Feststeht, dass sich auch in diesem Bereich auslandschinesische Konzerne eine führende Position erobert haben. Nach einer Fusion mit der amerikanischen Handelsfirma Archer Daniels Midland (ADM) (landwirtschaftliche Produkte) im Juni 2007 wird das auslandschinesische Unternehmen Wilmar International 2006 zum weltweit größten Hersteller von Biodiesel (573 405 ha Land allein in Südostasien) und zum größten agroindustriellen Unternehmen in der Volksrepublik. Hauptaktionäre sind die chinesisch-malaysische Kuok Group und die Wilmar Holdings (81,9 Prozent) sowie die ADM mit 3 Prozent, eine nennenswerte Beteiligung hält ferner die britische Standard Chartered Bank. Die wichtigsten Kapitalgeber für Wilmar International sind die OCBC Bank (Singapur), die Rabobank (Niederlande), die CIMB Group (Malaysia) und die Standard Chartered Bank (Großbritannien). Zu den Kunden von Wilmar International gehören u.a. Beijing Heyirong Cereals & Oils, Beijing Orient-Huaken Cereal & Oil, China Grains & Oils Group, China National Vegetable Oil Corporation und Unilever (Niederlande/Großbritannien). Die chinesisch-indonesische Salim Group ist zeitweise Besitzerin der größten Ölpalmen-Plantagen Indonesiens. Eureko, eine holländisch-portugiesische Versicherungs-und Vermögensgruppe, an der auch Geocapital Anteile hält, ist Teil des Salim-Unternehmensimperiums. Die Finanzierung und Vermittlung beim Verkauf von Unternehmensanteilen (Palmöl-Sektor) übernehmen u.a. die Banken Morgan Stanley Dean Witter (USA), Crédit Suisse First Boston (Schweiz), Mees Pierson Trust (Holland, mittlerweile Fortis Bank) und Hong Kong and Shanghai Banking Corporation (HSBC) (England). An Morgan Stanley ist mehrheitlich der chinesische Staatsfonds CIC beteiligt.[20] Eine chinesisch-auslandschinesische Zusammenarbeit nach dem oben beschriebenen Modell der „Arbeitsteilung“ zwischen China, Hongkong, Macau, Taiwan und Südostasien liegt daher auch im Biodieselsektor des portugiesisch-sprachigen Afrika durchaus im Bereich des Möglichen.

9.5 Macau

In Macau stagniert seit geraumer Zeit die industrielle Entwicklung. Das Messewesen wird zwar gefördert, Zahlen zeigen jedoch, dass die MIF im Vergleich zu den großen internationalen Handelsmessen Guangzhous, Hongkongs und Shanghais nicht konkurrenzfähig ist. Dafür verfügt Macau über andere entscheidende Wettbewerbsvorteile. Macau besitzt Freihafen-Status, hier ansässige Unternehmen profitieren vom freien Kapital-und Personenverkehr, von der Rechtssicherheit und von der Möglichkeit des Offshoring. Dank des Prinzips „Ein Land – zwei Systeme“ gilt dies auch für die hier registrierten Unternehmen der Volksrepublik. In den 1980er und 1990er Jahren wird Macau daher Ausgangspunkt sowohl für die Investitionen staatlicher chinesischer Unternehmen/Konzerne in die Industrie der Perlflussdeltaregion als auch für einen Teil des von auslandschinesischer Seite nach China fließenden Kapitals. Beide Parteien nutzen die in der benachbarten Sonderwirtschaftszone Zhuhai nur Ausländern gewährten Investitionsanreize. Im Vorfeld der Rückführung werden außerdem verschiedene Infrastrukturmaßnahmen in Angriff genommen, die Arbeitsplätze schaffen, und lokalen Großunternehmern wie Stanley Ho profitable Geldanlagen ermöglichen. Der neue, 1995 eröffnete internationale Flughafen beispielsweise ist nicht nur für ihn eine lukrative Investition, sondern kommt auch taiwanesischen Unternehmern zugute, die über Macau Zugang zum westlichen Teil der Perlflussdeltaregion erhalten (der Zugang zum östlichen Teil erfolgt über Hongkong). Sie und die Investoren aus Hongkong und Macau tragen maßgeblich zur Entstehung der industriellen Betriebe in der Perlflussdeltaregion und damit auch zu der, die chinesische Wirtschaft belastenden Überproduktion bei. Über lange Zeit generieren die Fabriken der Leichtindustrie kontinuierliches Wirtschaftswachstum, durch ihre zunehmende Konzentration jedoch werden sie zum Problem noch bevor die Nachfrage aus den USA einbricht, daher müssen sie weichen. Stattdessen werden die Rahmenbedingungen (Land, Infrastruktur, Finanzierungen) für die Ansiedelung von Hightech-Unternehmen in den Küstenregionen optimiert. Die Zentralregierung hat von ihren auslandschinesischen Vorbildern gelernt. Das Hongkonger Unternehmen Li & Fung z.B., mit einem Jahresumsatz von 14,3 Milliarden Dollar 2008 einer der größten Produzenten von Konsumgütern der Welt (Wal-Mart gehört zu den Hauptkunden), schwört auf „borderless manufacturing“ und hat seine Produktionsbasis im Laufe der Jahrzehnte mehrfach verlagert: von Hongkong nach Taiwan, von Taiwan nach Korea, von Korea nach Thailand, von Thailand nach Indonesien, von Indonesien nach China und von China nach Subsahara-Afrika, das Victor Fung, einem der Firmeneigentümer zufolge, „ with a vast, inexpensive labor force and duty-free status, holds the potential to rival China as a low-cost producer.“[21] Denn die schwarzafrikanischen Länder befinden sich mit Ausnahme Südafrikas etwa am gleichen Punkt ihrer wirtschaftlichen Entwicklung wie China zu Beginn der Reform- und Öffnungspolitik 1978. Im 10. Fünfjahresplan (2002-2005) wird zur Intensivierung der Kontakte zu den Ländern der Dritten Welt aufgerufen, die Zentralregierung preist die Entwicklungsländer als attraktive Investitionsziele und Absatzmärkte für die Produkte der arbeitsintensiven Industrien. Das im Juni 2002 verabschiedete Gesetz zur Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen kann als Entscheidungshilfe betrachtet werden, ebenso das 2003 gegründete, den institutionellen Rahmen für Investitionen in den portugiesisch-sprachigen Ländern bildende Macau-Forum. Sowohl die Verlagerung von Überkapazitäten ins Ausland als auch die Kooperation mit auslandschinesischen Unternehmern wird ausdrücklich befürwortet, ferner begrüßt man von staatlicher Seite die Registrierung zukunftsorientierter, festlandchinesischer Unternehmen in Macau, Der Zeitpunkt ist mit Bedacht gewählt, denn 2005 läuft das Multifaserabkommen (Multifibre Agreement, MFA) aus, aufgrund dessen Textil-und Bekleidungsexporte aus Hongkong und Macau in die EU gegenüber Exporten aus der Volksrepublik begünstigt werden. Stattdessen ist mittlerweile der African Growth and Opportunity Act (AGOA) (USA) in Kraft getreten, der Vorzugsbedingungen für Importe aus Subsahara-Afrika in die USA festschreibt. Etwa zeitgleich beschließt die EU die „Everything-But-Arms“-Regelung (EBA), die den 48 ärmsten Ländern der Welt den zoll-und quotenfreien Import ihrer Waren in die EU zugesteht. Die für Hongkong und Macau ausgehandelten CEPA-Vergünstigungen im Handel mit der Volksrepublik werden daher gezielt an Auflagen wie Mindestaufenthaltsdauer, Ursprungszertifikat, Importgenehmigungen, etc. geknüpft, um einer weiteren Expansion der arbeitsintensiven Industrien in der Perlflussdeltaregion vorzubeugen. Lukrativ sind die Anreize vor allem für große Unternehmen, die Rohstoffe (Rohöl, Diamanten) oder Investitionsgüter für die Herstellung kapitalintensiver Produkte in die Volksrepublik importieren wollen. Die Übersiedlung der im Überfluss vorhandenen unqualifizierten Arbeitskräfte, die über Jahre ein unentbehrlicher Faktor für das in Hongkong, Macau, Taiwan und Singapur bereits erprobte Entwicklungsmodell sind, in der Volksrepublik jedoch ein soziales Risiko darstellen, wird von Fall zu Fall und bilateral mit den jeweiligen lokalen afrikanischen Regierungen abgestimmt. Als „Türöffner“ bedient sich die Volksrepublik der zahlungskräftigen und einflussreichen Unternehmensvertreter ihrer beiden kapitalistischen Vorposten Macau und Hongkong sowie anderer Zentren chinesischen Wachstums (Singapur, USA, etc.). Portugiesische, angolanische und mosambikanische Politiker und Unternehmer werden im Gegenzug an finanziellen Transaktionen oder anderen profitablen Projekten beteiligt.

9.6 Fazit

The floating assets of the ethnic Chinese outside Mainland China were estimated from $1.5 trillion to $2 trillion.[22]

Das Motto des Jahrestreffens auslandschinesischer Unternehmer in Macau 2011 lautet: „Beidseitige Verschmelzung, regionale Integration“ (xiang rong liang an, guang na si hai). Die amerikanische Delegation nutzt die Gelegenheit, um die beiden Wirtschaftszonen der Perlfluss- und Yangzideltaregion in Augenschein zu nehmen und die alte Heimat der Familie Jiang (Nachkommen von Chiang Kai-shek) in der Umgebung von Ningbo (Zhejiang) sowie der Familie Song (Nachkommen von Song Qingling) in Wenchang (Hainan) zu besuchen. Damit erweist sich „Herkunft“ erneut als „Zukunft“, denn, von den erfolgreichen Unternehmern und Bankern, die sich 1949 nach Hongkong oder Übersee abgesetzt haben, sind mittlerweile die meisten zumindest als Investoren ins Reich der Mitte zurückgekehrt. Zu ihren prominentesten Vertretern gehören die Nachkommen der GMD-nahen Familien Jiang (Jiang Jieshi, Chiang Kai-shek), Song (Song Ziwen, T.V. Soong) und Kong (Kong Xiangxi, H.H. Kung), die in den 1950er Jahren in der Volksrepublik heftig kritisiert werden. Man wirft ihnen u.a. vor, die der GMD von den USA während der 1940er Jahre zur Verfügung gestellte finanzielle Hilfe in Milliardenhöhe veruntreut und stattdessen weltweit investiert zu haben. Das im Rahmen dieser Arbeit eingesehene Material zur Geschichte der Familien Song, Kong und Jiang lässt in etwa den Umfang ihres Vermögens erahnen, dessen Quellen zwar nicht im Detail geklärt sind, das aber die Grundlage für den wirtschaftlichen Erfolg ihrer Nachkommen (darunter William und Victor Fung von Li & Fung) in Hongkong, Singapur und in den USA bildet. Der Einfluss dieser in den USA früher auch als „China-Lobby“ bezeichneten Gruppe beschränkt sich weder auf den wirtschaftlichen Bereich noch auf ihre Organisation im Committee of 100. Anna Chen-Chennault ebnet Ende der 1960er Jahre den Weg für die ersten chinesisch-amerikanischen Gespräche seit 1949. Sie begleitet Richard Nixon 1972 bei seinem Besuch in die Volksrepublik und verhandelt mit lokalen Behörden über erste auslandschinesische Investitionen auf dem Festland. Es trifft sich gut, dass ihr Cousin Liao Chengzhi eine einflussreiche Position innerhalb der kommunistischen Nomenklatura einnimmt und sicherlich nicht zufällig Leiter des Amtes für auslandschinesische Angelegenheiten ist. George Koo, ein Vorstandsmitglied der Las Vegas Sands Corporation in den USA und Nachkomme des Jardine Matheson-Partners Jeffrey Koo, berät Bill Clinton während seiner Chinareise 1998. Ivan K. Fong schließlich, wie Michael Fong (CEO von Wal-Mart) ein Enkel T. V. Soongs (Song Ziwens) und ein Großneffe Chiang Kai-sheks, ist seit Juli 2009 Mitglied des Department of Homeland Security (DHS) in der Administra­tion Barack Obamas. Da die Töchter T. V. Soongs nicht unter ihrem Vermögensstand geheiratet haben, erstreckt sich allein ihr Familienimperium über verschiedene Kontinente mit den Zentren New York (Fong), Manila (Young) und Hongkong (Fung), im Portfolio der einzelnen Familienmitglieder tauchen klangvolle Firmen-Namen wie JP Morgan, Cardinal Health, Procter & Gamble, Crédit Suisse, Wal-Mart, etc. auf.[23] Nicht von ungefähr lautet daher das politische Credo Deng Xiaopings u.a.: „die eigenen Fähigkeiten verbergen, das Rampenlicht meiden“ und: „Vorhandenes nutzen, um [etwas] daraus zu machen“ (taoguang yanghui, yousuo zuowei), denn dank der diskreten Vorgehensweise chinesischer Unternehmen sowohl in der Volksrepublik als auch in der Diaspora vollzieht sich die chinesisch-auslandschinesische Wirtschaftsintegration und „Globalisierung“ weitgehend unbemerkt. Die Zuordnung bestimmter Akquisitionen oder Fusionen zu einem Konzern wird durch den hohen Diversifizierungsgrad internationaler Unternehmensaktivitäten innerhalb verschiedener Sektoren und Länder erschwert, unterschiedliche Umschriften, die wahlweise indonesischen, englischen oder thailändischen Bezeichnungen von Personen und Gesellschaften täuschen über ihre ethnische Herkunft hinweg, die Einbeziehung anderer Netzwerke schließlich erhöht die Undurchsichtigkeit ihrer unternehmerischen Ziele und mindert die Berechenbarkeit ihres weltweiten Einflusses. Für das chinesische Wirtschaftsengagement im Ausland, d. h. auch in Angola und Mosambik, bedeutet dies, dass bei nahezu jedem hier operierenden „chinesischen“ Unternehmen zunächst zu hinterfragen ist, ob die Kapitalverteilung die Bezeichnung „chinesisch“ im Sinne von „volksrepublikanisch“ verdient. Die politische Distanz zwischen der Volksrepublik und Taiwan sagt nichts über die wirtschaftlichen Gemeinsamkeiten aus, die geographische Begrenzung Singapurs nichts über den weltwirtschaftlichen Einfluss seiner Konzerne. Grenzüberschreitende Absprachen dienen beiden Seiten, der festland- und der auslandschinesischen, zur Ausweitung ihres Handelsimperiums und zur Maximierung des individuellen Profits. Der wechselseitige Nutzen, den die Regierung in Beijing gerne als besonderes Merkmal chinesischer Außenwirtschaftsbeziehungen proklamiert, ist insofern nichts Neues, als das wechselseitige Geben und Nehmen zum „guten Ton“ des traditionellen „Guanxi“-Systems gehört. Dieses wiederum dürfte in der einen oder anderen Variante ein internationales Phänomen sein, daher sollte das Vorgehen grenzüberschreitender wirtschaftlicher Lobbys grundsätzlich in die Untersuchung internationaler Beziehungen und regionaler Konflikte einbezogen werden. Das erste Ziel jeder „Strukturanpassung“ wiederum muss die radikale Entflechtung derjenigen Netzwerke sein, von denen die jeweilige politische Elite profitiert, die multinationalen Konzernen zur Kontrolle über die lokalen Ressourcen verhelfen, und die sowohl eine nachhaltige Entwicklung als auch eine größere Verteilungsgerechtigkeit verhindern.

Vorerst bedienen sich die hier genannten (und andere Interessengruppen) der angolanischen und mosambikanischen Rohstoffe, Häfen, Rechtsfreiheit, etc. beliebig und je nach Bedarf. In Macau bleibt im Wesentlichen alles beim Alten, das „Spiel“ geht weiter. Wie die EU dank Monte Carlo verfügt der integrierte Wirtschaftsraum der Volksrepublik China dank Macau über eine kleine, feine Hochburg der gehobenen Unterhaltung, die sich mit ihrem Rest kolonialer Architektur wohltuend von den uniformen Hochhausstädten Chinas abhebt, und die einen angemessenen Rahmen für die jährlichen Treffen der chinesischen Hochfinanz aus aller Welt bildet. Unter den geladenen Ehrengästen befinden sich wahlweise Besucher aus Angola, Mosambik, Venezuela, Argentinien, Brasilien, Portugal, den USA, ………! |!|

[1]   Unter den portugiesisch-sprachigen Ländern Afrikas sind Angola und Mosambik sowohl im Hinblick auf ihre flächenmäßige Größe als auch im Hinblick auf ihre Rohstoffe für China die wichtigsten Handelspartner. Guinea Bissau erholt sich nur langsam von den innenpolitischen Wirren, São Tomé e Príncipe verfügt zwar ebenso wie Angola über Erdöl, unterhält jedoch nach wie vor diplomatische Beziehungen zu Taiwan, und auch die Kapverden werden im Hinblick auf ihre geographische Größe und ihr wirtschaftliches Potenzial vorläufig keine vergleichbare Bedeutung erlangen.
[2]   Dieser Zeitraum entspricht in etwa dem „Aktionsplan 2007-2009“ des China-Afrika-Gipfels 2006. Um Aktualität zu gewährleisten, werden von Fall zu Fall neuere Recherchen zu Rate gezogen.
[3]   Die weit gefasste Themenstellung hat zwangsläufig dazu geführt, dass sich die länderspezifischen Kapitel auf die grundlegende Entwicklung in China, Angola und Mosambik konzentrieren.
[4]   R. Ptak, S. 278-279.
[5]   „China’s new export: farmers“ . Sasha Gong ergänzt hierzu, 2006 hätten 1609 chinesische Unternehmen die offizielle Genehmigung erhalten, Arbeiter zu rekrutieren und im Ausland einzusetzen. Es handle sich um ungelernte Arbeiter, die beim Eisenbahn-und Straßenbau, im Erdölsektor und im Bergbau, d. h. bei Projekten der großen staatlichen Konzerne untergebracht würden. Der Durchschnittslohn sei doppelt so hoch wie für eine vergleichbare Arbeit in China. Darüber hinaus gebe es jedoch Arbeitsagenturen, die Leihverträge mit ausländischen Unternehmen schlössen. Diese Agenturen verlangten hohe Vermittlungsgebühren (manchmal einen Jahreslohn) und machten häufig falsche Versprechen in Bezug auf Lohnhöhe, Arbeitszeit, etc. Über die Anzahl illegaler chinesischer Einwanderer lägen keine präzisen Angaben vor, Schätzungen gingen jedoch von einer hohen Quote aus. S. Gong, „Chinese Workers in Africa“.
[6]   „Avaliação de compromissos FOCAC da China em relação à Africa, e pesquisa do caminho a seguir“, S. 29.
[7]   E. Bosten berichtet von „mass construction“- Projekten, d. h. maßgeschneiderten Baukomplexen, die zu niedrigen Kosten in jedem beliebigen Land der Welt in gleicher Form errichtet werden können. Dies, die niedrigen Materialkosten und die staatliche Subventionierung machen chinesische Infrastruktur- und Bauprojekte für Länder wie Angola und Mosambik außerordentlich attraktiv, die staatliche Unterstützung wiederum sorgt für eine lohnende Rendite der Investoren. E. Bosten, S. 6.
[8]   Im Durchschnitt lägen 30 chinesische Frachter außerhalb des Hafens von Luanda vor Anker, heißt es in dem Bericht weiter. Es dauere etwa sieben bis zehn Tage, bis ihre Ladung gelöscht werden könne. Nur die Frachter von CITIC würden bevorzugt behandelt. Elf Frachter des Unternehmens würden z. B. in nur fünf Monaten abgefertigt. „Avaliação de compromissos FOCAC da China em relação a Africa, e pesquisa do caminho a seguir“, S. 33, S. 51.
[9]   A. P. Reynolds Castel-Branco da Silveira, „As Zonas Económicas Especiais (…)“, P. Martin-Menard, P. S. Hoe, et al., „A tangled web of influence“, „The devastating influence of oil and banking in Angola’s privatized war“.
[10]   „Feizhou hao zhuan qian“.
[11]   T. Gyuse, „Delivering Promises to Africa’s Smallholder Farmers“.
[12]   „Chinesische Bauern aus Hebei arbeiteten in Afrika in sogenannten „Baoding-Dörfern“, die es mittlerweile über den ganzen afrikanischen Kontinent verteilt gebe, heißt es hier. Die Idee hierfür sei 1998 aufgekommen. Zwar verzeichne die Volksrepublik hohe wirtschaftliche Wachstumsraten, die soziale Kluft zwischen Stadt und Land habe sich jedoch kontinuierlich vertieft. Ein Großteil der ländlichen Bevölkerung lebe in bitterer Armut. Ein Neuanfang in Afrika sei eine Chance, den Lebensstandard zu verbessern und Familienmitglieder in China zu unterstützen. „China’s new export: farmers“. 7.000 chinesische Bauern seien seit 1999 nach Afrika übergesiedelt und auf 28 „Baoding-Dörfer“ verteilt worden, wird in einer Reportage von China Radio International (2006) ergänzt. Sie würden keineswegs nur in der Landwirtschaft eingesetzt, dies wird eigens hervorgehoben. „Sete mil camponeses de Hebei criam comunidades na África“.
[13]   In Huludao (Liaoning) sind große Industriegebiete entstanden, wo sich ausländische Unternehmen wie u.a. Huludao Chia Tai Husbandry, eine Tochtergesellschaft des thailändisch-chinesischen Konzerns CP Group,niedergelassen haben. „Huludao Industrial Zones in Liaoning get Central Gov’t Support“, „Council Members“.
[14]   „Temasek becomes largest shareholder in Standard Chartered“.
[15]   Direkte Verbindungen zum chinesischen Geheimdienst werden z. B. den staatlichen Konzernen CITIC, COSCO, Huawei und ZTE zugeschrieben, vor allem in rohstoffreichen Ländern wie Angola übernehmen sie wirtschaftsstrategische Aufgaben. „(…) another key processing conduit of economic intelligence (…) is the Chinese embassy in Maputo. (…) The former Chinese ambassador to Guinea Bissau and current Ambassador to Mozambique, Tian Guangfeng, has been identified by French intelligence (DGSE) as a senior MSS operative“. „China in Africa: A Strategic Overview“.
[16]   Mitte der 1980er Jahre wird in Lissabon die portugiesisch-chinesische Handelskammer (Câmara do Comércio e Indústria Luso-Chinesa) gegründet, deren erster Präsident Francisco Luís Murteira Nabo wird. Nabo ist im Management der Banco Seng Heng tätig, zwischen 1980 und 1991 Mitglied der portugiesischen Administration Macaus und zurzeit der Präsident des portugiesischen Erdöl-und Energiekonzerns Galp Energia. Die portugiesisch-chinesische Handelskammer setzt sich aus insgesamt 280 portugiesischen Unternehmen und 35 assoziierten Mitgliedern aus den Wirtschaftskreisen Macaus zusammen. 1998 wird das Forum dos Empresarios de Língua Portuguesa (FELP), eine nicht staatliche und nicht gewinnorientierte Organisation, ins Leben gerufen. Ihr Hauptsitz befindet sich in Macau, darüber hinaus ist sie in sieben der neun portugiesisch-sprachigen Länder vertreten, an ihre Spitze wird Eduardo Ambrósio gewählt. Etwa zur gleichen Zeit fällt in der Volksrepublik die Entscheidung, das Unternehmen Huaan in Anhui zu einer Anlaufstelle für Investitionen in Mosambik zu machen. Das FELP veranstaltet jährlich ein Seminar in Macau sowie weitere Treffen in Beijing, Yiwu, dem industriellen Zentrum Zhejiangs, und Guangzhou. Man wolle erneut an die 1960er Jahre anknüpfen, als zahlreiche verschiedene Handelsgüter von Macau nach Afrika exportiert worden seien, lautet die Stellungnahme des IPIM. „Servir Macau“.
[17]   Weitere Aktionäre Finpetros sind Manuel Bulhosa sowie die beiden portugiesischen Unternehmensgruppen Espírito Santo und Amorim. „Angola“(Africa Intelligence), Yang Zhongmei, S. 104-106, S. 114, S. 127.
[18]   Yang Zhongmei, S. 166-176.
[19]   Beispiele: Carlos Santos Ferreira, der Vorstandsvorsitzende der portugiesischen Bank Millennium (BCP), ist zwischen 1989 und 1991 Vorsitzender des Verwaltungsrates der macauischen Flughafengesellschaft, von 2003 bis 2005 Vizepräsident des Estoril Sol und 2005 in der Geschäftsleitung der Banco Seng Heng. Seine Wahl an die Spitze der Millennium (BCP) ebnet Stanley Ho den Weg für den Zugang zum angolanischen Finanzmarkt. 2008 gehen zunächst die von Energy Finance Portugal, einer Tochtergesellschaft der STDM gehaltenen Anteile an der Millennium (BCP) auf die STDM über. Im ersten Quartal 2009 hält Sonangol 10 Prozent an der Millennium (BCP), die Unternehmensgruppe Stanley Hos 2,3 Prozent (eigentlich 3 Prozent, schließt man seine Anteile am portugiesischen Stromversorger EDP ein, der ebenfalls an der Millennium (BCP) beteiligt ist). Über seine 49prozentige Beteiligung an der Moza Banco via Geocapital ist Stanley Ho ferner Anteilseigner der Millennium-Banco Internacional de Moçambique (Millennium BIM), die mehrheitlich der Millennium (BCP) gehört. Damit ist Stanley Ho direkt über die Moza Banco bzw. Geocapital und indirekt über die Millennium (BCP) im mosambikanischen Bankensektor vertreten. Weitere Querverbindungen ergeben sich über den portugiesischen Konzern Mota-Engil. Im Juni 2009 unterzeichnen Mota-Engil und ein angolanisches Konsortium (Sonangol, Banco Privado Atlântico, Finicapital und Global Pactum) ein Kooperationsabkommen. Über seine Beteiligung an der BPA ist Stanley Ho mit von der Partie. Jorge Coelho, der Präsident von Mota-Engil und wie António Almeida Santos Mitglied der Sozialistischen Partei Portugals, arbeitet zwischen 1989 und 1991 in der portugiesischen Verwaltung Macaus, von 1988 bis 1990 ferner Diogo Lacerda Machado, ein Mitglied der Geschäftsleitung Geocapitals. Auch António Mexia, der jetzige Präsident von EDP und davor Mitglied der Exekutivkommission von Galp Energia, ist von 1990 bis 1991 Mitglied der damals noch portugiesischen Regierung Macaus. „Stanley Ho e Armando Vara (…)“, „O chamado grupo Macau“.
[20]   J. W. van Gelder, „Buyers and Financiers of the Wilma Group“, S. 1-3, S. 5, S. 8-10, M. Dieleman, „How Chinese are Entrepreneurial Strategies (…)“, S. 70-76, S. 172, „Staatsfonds: Entzauberte Riesen“.
[21]   Im selben Artikel kommentiert ein Wirtschaftswissenschaftler aus Texas: „Consider that a T-shirt made in China automatically carries a 21% import tax. No such tax applies to goods made in 37 sub-Saharan nations, thanks to a trade agreement that runs through 2015“. S. Kapner, „Li & Fung has become one of the world's largest producers of consumer goods (…)“.
[22]   Peng Dajin, „Ethnic Chinese Business Networks (…)“, S. 236.
[23]   Das Committe of 100 (ehemals Committee of One Million) ist eine andere Bezeichnung für die amerikanische China-Lobby. Die hier gemachten Angaben über die Familien Jiang, Song und Kong basieren auf: H. Pakula, The Last Empress, S. 555-580, R. Y. Koen, The China Lobby in American Politics, S. 121-129, S. 187-202, P. Folliard, „Ivan K. Fong: Securing Diversity“, „Jinri Song Kong jiazu huochu xintiandi“, Website des Committee of 100: www.committee100.org.